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#Werberecht und Web 2.0: Wenn Anwälte sich mit fremden Federn schmücken…

Der Anwaltsmarkt wird immer rauer und so bin auch ich die Tage mit Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr aus Hamburg wegen fehlender Quellenangaben in seinem Blog aneinandergeraten. Wir können uns nicht einigen. Er hat von einem Urteil berichtet, das ich erstritten und hier und über Twitter dann veröffentlicht habe – die meisten weiteren Berichte wie auch etwa der Verein Abmahnwahndreipage erwähnten mich bei aktuellen Meldungen hierzu als Quelle. Er aber nicht, er berichtet, ohne eine Quelle anzugeben. Mit anderen Kollegen macht er das wohl teilweise auch so und findet das ok.

Ich habe ihn höflich aber vergeblich aufgefordert, die Quelle anzugeben, weil ich das irreführend und damit als unlautere Werbung finde. Er bleibt stur. Bei Urteilen aus amtlichen Quellen macht er eine Quellenangabe, aber nicht bei Urteilen, die andere Kollegen erstritten haben und von denen er den Inhalt umformuliert dann übernimmt. Dieses hier gemeinte vom Landgericht München I, Beschluss vom 22.03.2013 (Az. 13 T 20183/12) ist noch nicht rechtskräftig und – noch – nicht in amtlichen Quellen abrufbar. Dadurch werden seine Beiträge dann automatisch bei einigen Portalen mit Link zu Kanzlei Dr. Bahr angezeigt, sodass der Eindruck entstehen kann, er habe die Entscheidung erstritten. Erstrittene Entscheidungen sind Referenzen für Anwälte – daher ist das mindestens nicht anständig, wahrscheinlich sogar unzulässig nach §§ 3, 5 UWG. Nun hat er mir über eine Mitarbeiterin ohne Begründung mitteilen lassen, dass er das völlig in Ordnung findet und ich könne ja gegen ihn vorgehen.

Ok, also fange ich mal mit einer Umfrage in der Bloggingemeinde an und behalte mir rechtliche Schritte vor. Ich finde,  dass ein Anwalt, der einen Blog betreibt und Suchmaschinenmarketing betreibt, und darin mit Berichten über eine Gerichtsentscheidung wirbt, die jeweilige Quelle angeben muß. Wenn er berichtet, ohne eine Quelle anzugeben, ist das ohne weiteres zulässig, wenn die Entscheidung amtlich veröffentlicht wurde und er darauf verweist oder wenn er sie selbst erstritten hat. War er nicht beteiligt und berichtet er ohne eine Quellenangabe, so entsteht beim Leser der irreführende Eindruck, dass er aus seiner eigenen anwaltlichen Praxis berichtet, also dass er selbst an der Entscheidung als Prozessbevollmächtigter beteiligt war (§§ 3, 5 UWG). Soll ich ihn jetzt etwa offiziell abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufffordern?  Also einen Anwaltskollegen abmahnen wegen unlauterer Werbung? Anwaltskammer Hamburg einschalten? Wäre dankbar, wenn mir dazu ein paar Leser mal ihre geschätzte Meinung zum Thema Quellenangabe bei Berichten über Urteile geben würden. Rege ich mich da zu sehr über Peanuts auf oder stimmen Sie mir zu?

Von Stefanie Hagendorff - Rechtsanwältin und IT-Fachanwältin

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwältin für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

28 Antworten auf „#Werberecht und Web 2.0: Wenn Anwälte sich mit fremden Federn schmücken…“

Ich kann mich der Meinung nicht anschließen. Wenn ich auf der Seite eines Anwalts eine Entscheidung lese denke ich auch nicht, dass das eine Referenz ist.

Und was wird erst der Richter dazu sagen, denn immerhin hat er ja das Urteil verfasst … bitte die Kirche im Dorf lassen …

Und ich meinte mal gelesen zu haben, dass es für amtliche Texte extra eine Ausnahme im Urheberrecht gäbe …

@Trino: Es geht hier nicht um Urheberrecht, Urteile sind nicht urheberrechtlich geschützt. Es geht um den irreführenden Eindruck, den es macht, wenn ein Anwalt von einem Urteil berichtet, ohne einen Link zur Quelle zu setzen oder die Quelle anzugeben.

@Someone: Urheberrecht und damit der Beitrag sind nicht einschlägig, sondern es geht um das Wettbewerbsrecht. Gerichtsentscheidungen geniessen ohnehin keinen Urheberrechtsschutz und habe auch nicht geltend gemacht der Autor zu sein, sondern nur als Anwältin die Interessen meines Mandanten gut vertreten zu haben, da das die Kammer des Landgerichts in einer Grundsatzentscheidung meinem Mandanten Recht gegeben hat. Die Weiterverbreitung der Entscheidung ist ja auch gut für alle, die es interessiert, aber eben nicht ohne Referenz bzw. Quellenangabe.

Man kann trefflich darüber streiten, ob die Schwellen des UWG schon überschritten sind. Auf jeden Fall kann ich Ihre Aufregung durchaus nachvollziehen – zumal der Kollege (wie ich aus eigener Erfahrung weiß) nicht so gelassen reagiert, wenn man (mit Verlinkung!) aus seinem Blog zitiert.

Ich denke als Erstes sollten Sie sich ein Exemplar des UrhG kaufen und dort einmal nachlesen, dass Ihre Ansicht(en) wirklich galaktisch weit weg von der aktuellen Rechtslage sind…

Ihr Zivilisten seid doch ein seltsames Völkchen. 😉 Für meine Idee scheint es nun zu spät zu sein, trotzdem, vielleicht für’s nächste Mal eine Anregung zu einem Blogbeitrag:

[Vorschlag]

Unter der {URL} hat die Kanzlei Dingens auf ein von unserer Kanzlei erstrittenes Urteil hingewiesen. Dr. Dingens faßt den Inhalt der Entscheidung auszugsweise und zutreffend wie folgt zusammen: {zitierte Zusammefassung}. Ich freue mich über die Wertschätzung des erfahrenen Kollegen.

Ergänzend dazu und zum besseren Verständnis ist aber noch folgendes anzumerken {Ergänzungen}

[/Vorschlag]

Dann hätten Sie vielleicht einen Freund in Hamburg mehr und zusätzlich gute Laune, passend zum guten Wetter, statt einen schlecht gelaunten Beitrag in Ihrem ansonsten fröhlichen Blog,

BTW: Google wertet beim Ranking auch ausgehende Links!

Das ist die wohl mit Abstand beste Idee mit dem Kollegen umzugehen.

Um auf Ihre Frage zu antworten: Es ist schon unfein, aber ob es für
einen Wettbewerbsverstoss reicht wage ich doch zu bezweifeln.

Was meinen Sie mit „nicht in amtlichen Quellen abrufbar“?
Jedes Urteil kann bei jedem Gericht ganz analog als (teure) Kopie angefordert werden und ist damit natürlich in einer amtlichen Quelle abrufbar.
Merke: Es gibt auch ein Leben außerhalb des Internets.
Das ändert nichts daran, dass eine Quelle immer angegeben werden sollte. Ob das aber wettbewerbsrechtlich erforderlich ist, halte ich für zweifelhaft, Ihre Argumentation für wenig überzeugend.

@RAGaedke: Die Anwälte der Abofallen haben mich drauf gebracht, dass diese Ansicht nicht richtig sein kann, das ein Urteil nur mit dem Aktenzeichen und ohne eine Zeitschriften oder sonstige Quellenangabe aus dem Internet angeführt wird. Denn die haben in Schriftsätzen aus einer Fülle von nicht veröffentlichten Urteilen zitiert und damit sowohl den Amtsrichter und mich zur Weissglut gebracht, denn bei jedem Urteil das betroffene Gericht anschreiben und um eine Abschrift bitten, ist 1. bei 10 Entscheidungen und einer Frist zur Stellungnahme von wie üblich nur 2 Wochen erstens zeitlich sehr eng und 2. zielt es eindeutig darauf ab, den Richter zu nötigen, die zitierten Entscheidungen nicht nachzulesen. Bei Werbung im Internet ist das Ganze von seiner Wirkung dann noch schlimmer. Finden Sie das wirklich unbedenklich?

Und das soll für eine Täuschung i.S.d. § 5 UWG genügen? Ich sehe den Tatbestand des § 5 UWG als nicht erfüllt an; daneben dürfte der aber auch die Spürbarkeitsschwelle aus § 3 Abs. 1 UWG nicht erreicht sein.
Ob Sie nun abmahnen oder nicht, vielleicht könnten Sie ein wenig Licht ins Dunkel bringen und präzisieren, warum dies aus Ihrer Sicht „wahrscheinlich sogar unzulässig nach §§ 3, 5 UWG“ ist?

@RA Gaedke: Mit amtlichen Quellen meine ich Pressemitteilungen oder amtliche Datenbanken der Justizorgane. Ansonsten gibt man, so haben wir es doch auch als Rechtswissenschaftler gelernt, zumindest eine Zeitschrift an, oder ggfs. setzt eben einen Link zu der Internetseite. Denn bei einer Veröffentlichung im Internet ohne Quellenangabe führt das auf weiteren Portalen und Nachrichtendiensten sonst dazu, dass sich das dann nach den Gesetzmäßigkeiten im Internet irreführend weiterverbreitet, weil Journalisten und andere Berichterstatter oder einfach die Webcrawler der Portale dann die Kanzlei Dr. Bahr als Quelle angeben. Siehe dann in meinem Beispiel also z.B. http://paper.li/itjuristnet/1346777170 und virato unter http://www.virato.de/article/1983379-lg-munchen-keine-erstattung-von-reisekosten-bei-fliegendem-gerichtsstand/

Wenn Ihre Ansicht, die ich grundlegend nicht teile, zuträfe, würden Sie doch selbst massenweise gegen die eigenen Grundsätze verstoßen:

http://hagendorff.org/2013/04/08/lg-hamburg-telefonprovider-darf-bei-komplettvertragen-nicht-teilkundigungen-einzelner-flatrateoptionen-vornehmen/
http://hagendorff.org/2013/03/18/olg-koln-it-dienstleister-mit-wartungsvertrag-fur-it-system-kann-auch-ohne-auftrag-anspruche-auf-vergutung-haben/
http://hagendorff.org/2013/02/27/ag-minden-automatische-verlangerung-im-fliesstext-nicht-wirksamer-vertragsbestandteil/
http://hagendorff.org/2013/03/05/olg-dusseldorf-untersagt-werbung-mit-kundenbewertungen-die-positive-bevorzugt/

Hier nennen Sie doch nirgends die Rechtsanwälte, die die Entscheidungen erstritten haben, obwohl die Entscheidungen noch nicht amtlich veröffentlicht sind.

Sie halten sich also selbst nicht an Ihre abstrusen Regeln.

Ohne mich über den Hamburger Kollegen Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr und seine vielfältigen geschäftlichen Umtriebigkeiten auch nur ansatzweise wertend äußern zu wollen meine ich: Ob es unfein ist oder nicht, kann doch bei Ihrer Kernfrage dahin stehen. Auch, ob Sie und Amtsrichter durch Abofallenanwälte und deren Zitierpraxis zur Weißglut gebracht wurden, wird im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung völlig unerheblich sein. Entscheidend ist doch wettbewerbsrechtlich bei der Irreführung nur der Punkt, ob ernsthaft allein durch die Veröffentlichung zu einem bestimmten frühen Zeitpunkt wahrheitswidrig der Eindruck erweckt wird, die Entscheidung sei von dem berichterstattenden blogger erstritten worden. Das halte ich für deutlich fernliegend. Es wird zahlreich über fremderstrittene Entscheidungen berichtet, auch wenn diese in Kopie direkt beim Gericht abgefordert werden. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass da eine gefestigte andere Erwartungshaltung im Geschäftsverkehr besteht. Hier argumentativ zu mischen (Moral, Zitierschikanen, wettbewerbsrechtliche Irreführung) ist strukturell unzulässig und würde m. E. vor Gericht recht teuer enden. Gehen Sie besser davon aus, dass der Kollege Bahr da alles andere als unerfahren ist.

Guten Morgen,

auch wir bekommen regelmäßig – oft erstaunlich unfreundliche – Hinweise von Kollegen, die meinen, wer als Anwalt an einem Urteil beteiligt war, müsse bei der Berichterstattung erwähnt werden. Abgesehen davon, dass es kein Anspruchsgrundlage gibt, welche Kanzlei soll denn Ihrer Meinung nach genannt werden?

1. Die Kanzlei, die die herrvorragenden Schriftsätze verfasst hat?
2. Der Terminsvertreter, der die Sache in der mündlichen Verhandlung noch gerettet hat?
3. Die Kanzlei, die die Berufung verfasst hat?
4. Die Kanzlei, die bei der Berufungsverhandlung im Termin war?
5. Kanzlei Nr.2 und Kanzlei Nr.4?
6. Kanzlei Nr. 3 und 4?
Usw.

Ziemlich albern, oder?

Noch eine Frage, entscheiden Sie hier tatsächlich per Umfrage in Ihrem Forum, ob Sie Herrn Bahr abmahnen?

Dem Kommentar kann ich mich (ebenso wie dem Kommentar des Kollegen Melchior) nur anschließen.
Wenn der Rechtsverkehr ernstlich annehmen würde, daß jeder Anwalt, der über ein Urteil ohne Quellenangabe berichtet, dann müßte er davon ausgehen, daß an so manchem Urteil Dutzende Anwälte beteiligt waren…

Ich muss leider dem Kollegen Dr. Bahr beipflichten – da Sie das Urteil im Volltext veröffentlicht hatten, ist seine Quelle nun einmal das Urteil und nicht Ihr Bericht darüber. So ist es im Journalismus üblich und ich gehe davon aus, dass der Kollege seine Rechtsnachrichten eher als journalistische Aufbereitung denn als Werbung im Sinne einer Darstellung seiner ureigenen Aktivitäten versteht. Weder die Überschrift „Rechts-News“ noch der Text geben Indizien dafür, dass es sich um eine von Dr. Bahr „erstrittene“ Entscheidung handelt. Ihre Nennung wäre zwar nett, aber nicht nötig gewesen.

Mit dem Urheberrecht, wie einige Schlauberger hier anmerken, hat das alles gar nichts zu tun. Aber schön, wenn man am frühen Morgen schon jemanden holterdipolter belehren kann…

Um es kurz zu machen:

Über den Tatbestand des Ausnutzens fremder Leistungen könnte man ggf. diskutieren, hätten Sie nicht das Urteil im Volltext veröffentlicht. Das Urteil an sich ist gemeinfrei, jeder kann darüber referieren und diskutieren. Wie einem der Inhalt zur Kenntnis gereicht wurde, spielt keine Rolle. Ob nun Ihr eigener Beitrag die Zusammenfassung vereinfacht hat, kann also dahingestellt bleiben.

Aber auch im Fall der Nichtveröffentlichung des Urteils bedarf es sehr viel, um den Tatbestand als einschlägig zu erachten. Man kann es andenken, aber im Licht der höchstrichterlichen Rechtsprechung..

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