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#Filesharing-Klagen: Zwei verschiedene IP-Adressen gleichzeitig?!

Update 14.12.2015: Die Klägervertreter haben die Sache inzwischen erklärt: Während der Loggings war die Umstellung von mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) auf Winterzeit (MEZ) und das erste Logging daher in der MESZ auch nach der Umstellung fortgemessen und angegeben. Daher sei es tatsächlich keine Überschneidung, sodass die verschiedenen IP-Adressen bei einem privaten DSL-Anschluss mit dynamischer Adressvergabe durchaus aufgetreten sein können. Das hätte die Klägerseite aber in der Klagebegründung ruhig mal gleich erläutern können!

Ich schrieb letzte Woche: In einem aktuellen mir vorliegenden Waldorf Frommer Klageverfahren, das andauert, ist die Beweisermittlung offensichtlich fehlerhaft, da für die gleiche Benutzerkennung, also der gleiche Internetanschluss, zwei verschiedene IP-Adressen vorgetragen werden und sich die Logging-Zeiträume teilweise über 20 Minuten zum Tatzeitpunkt überschneiden. Auf Nachfrage haben Techniker der Telekom mitgeteilt, dass es nicht möglich ist, dass der (private) Anschluss des Beklagten zwei verschiedene öffentliche IP-Adressen hat. Es bestehen daher ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung, weil nur die öffentliche IP-Adresse können die Ermittler der Klägerin ermittelt haben. Da die Frist zur Stellungnahme auf Antrag von Waldorf Frommer verlängert worden ist, steht die Stellungnahme und Reaktion zu der Klageerwiderung noch aus und wird natürlich mit Spannung von meinem Mandanten, der die Richtigkeit der Ermittlung bestreitet, und mir erwartet. Bislang kam aber nur der Antrag auf Fristverlängerung, den das Gericht Waldorf Frommer gewährt hat.

Da üblicherweise die Abmahnkanzleien viele Inhaber von Internetanschlüssen und ihre Anwälte gerne in der Weihnachtszeit und zwischen den Jahren mit Klageandrohungen und Mahnbescheiden viel Arbeit und Stress machen, ist zu hoffen, dass dort mehr Sorgfalt aufgewendet ist, damit nicht Unbeteiligte mit offensichtlich unberechtigte Klagen überzogen werden. Wie das zustande gekommen ist, wird die Klägerin mit Ihren Ermittlern zu klären haben, aber jedenfalls ist es erstaunlich, wie selten vor Gericht tatsächlich über die Richtigkeit der Ermittlungen Beweis erhoben wird.

Es wird in Sachen Beweisermittlungen im Internet vermehrten Expertenbedarf in 2016 geben, da die Gerichte in der Vergangenheit Beweiserhebungen zu der Richtigkeit der IP-Ermittlungen sowie des unerlaubten Angebots von bestimmten Dateien wenn nur irgendwie möglich vermieden haben, aber solche Fälle zeigen, dass diese – auch bei den von Waldorf Frommer eingeschalteten Ermittlern – offensichtlich teilweise fehlerbehaftet sind und damit auch falsche Beklagte vor Gericht gezerrt werden! Sobald hier eine Entscheidung in dieser interessanten Sache ergangen ist, werde ich berichten!

Von Stefanie Hagendorff - Rechtsanwältin und IT-Fachanwältin

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwältin für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

3 Antworten auf „#Filesharing-Klagen: Zwei verschiedene IP-Adressen gleichzeitig?!“

Kann ich nur bestätigen. Die Masse der Zweifel an der Korrektheit der IP-Ermittlungen wurden und werden mit technikhörigen und unwissenden Argumenten schmerzlich übergangen, was die Mandanten frustriert und ohnmächtig zurücklässt. Allerdings gibt es seit einigen Jahren auch immer wieder aufmerksame Richter und Richterinnen, die prozessrechtlich korrekt, nachbohren. Zu Recht, wie die Ergebnisse in diesen Fällen zeigen. Bleibt zu hoffen, dass immer mehr Gerichte die in IT-Fachkreisen bereits seit vielen Jahren beschriebenen Fehlerquoten bei der IP-Ermittlung von deutlich über 50 Prozent, teilweise sogar über 90 Prozent, berücksichtigen.

@Paul Mertes: vielen Dank für Ihren Kommentar. Haben Sie Links oder sonstige Quellenangaben zu Ihren Prozentangaben? Es ist nach meinen Informationen eben gerade der Punkt, ob die Fehlerquote völlig zu vernachlässigen ist, wie die IT-Ermittler behaupten oder eben viel höher, wobei ja schon 10 oder 20 % viel zu viel wären. Zudem ist zu unterscheiden nach den Fehlerquellen (z.B. Providerauskünfte teilweise wohl falsch zur Zuordnung, teilweise nur Logging der Torrent-Datei, anstatt der Datei mit Hash-Wert der angeblich angebotenen Datei aus dem Werk usw).

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