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#Kostenfalle von #Unitymedia bei #Mobilfunk-Datendiensten

Irgend etwas ist faul mit den deutschen Internetprovidern. Die Sommerferien stehen an und viele Urlauber nehmen ihr Smartphone mit ins Ausland. Jedes Jahr tappen dabei Urlauber in Kostenfallen mit ihrem Handy, wenn die Internetfunktionen nicht deaktiviert werden und Apps wie Navi, Social Media und Internetbrowser weiterlaufen. Die anfallenden mobilen Datennutzungsgebühren (Roaming) können sehr teuer werden, wenn der Nutzer nicht aufpasst, denn auf die Provider ist offensichtlich kein Verlass. Soweit nicht am Urlaubsort ein WLAN zur Verfügung steht, sollte jeder Urlauber darauf achten, seine Interneteinstellungen auf dem Smartphone zu kontrollieren. Internetdienste sollte man im Zweifel im Ausland deaktivieren, um teure Kostenfallen zu vermeiden.

Zwar schützt theoretisch die EU-Roaming-Verordnung Urlauber mit deutschen Providerverträgen auch im EU-Ausland und in gewisser Hinsicht auch im Nicht-EU-Ausland. So sind dort Kostenairbags und automatische Warnmeldepflichten geregelt.

Der Fall eines meiner Mandanten und Unitymedia-Kunden und das Verhalten von Unitymedia in der Sache zeigen, dass Urlauber mit Providern wie Unitymedia jedoch ihr blaues Wunder erleben und in Kostenfallen von mehreren Tausend Euro geraten können. Nach einem Urlaub in Serbien von wenigen Tagen, aus dem seine Tochter mit ihrer Mutter zurückkehrte, wurde die Familie mit einer Lastschrift vom Girokonto von fast 6.500 € jäh aus ihren Urlaubsträumen gerissen. Im konkreten Fall hatte ein Familienvater im Rahmen seines 3play Premium 150 Paketes (TV, Internet für Festnetz und Handy) für die 11jährige Tochter eine kostenlose Family & Friends + Surf Sim-Zusatzkarte dazu gebucht. Das Mädchen nutzte das Smartphone nicht zum telefonieren oder simsen, sondern spielte Bubbleshooter, ein einfaches Geschicklichkeitsspiel mit einer App, die bereits in Deutschland lange vor dem Urlaub ohne Probleme genutzt worden war. Nach dem Urlaub rechnete Unitymedia im November 2015 neben den regulären Paketgebühren weitere 6.397,91 € für „Datendienste im Nicht-EU-Ausland im Zeitraum 17.10.2015-24.10.2015“ ab und zog ohne weiteres den Betrag per Lastschrift ein. In der lediglich online hinterlegten Rechnung gab es hierzu nur die unverständliche Mengenangabe „17“, ohne die Einheiten anzugeben und auf Beschwerde passierte erst mal gar nichts. Selbst wenn hier Megabite (MB) die gemeinte Einheit gewesen wäre, wären aber nach der eigenen Preisliste für Roaming im Ausland bei Unitymedia hierfür nicht über 6.000 € angefallen. Zudem konnte sich der geschockte Familienvater auch den Umfang der angeblichen Nutzungen nicht erklären und fand auch keine SMS oder ungewöhnliche Apps auf dem Handy seiner Tochter. Auch auf weitere anwaltliche Beschwerden gegen die Rechnung, die offensichtlich falsch sein musste, weil weder die Menge der Datendienste (Roaming) noch die Preisberechnung nachvollziehbar war, reagierte Unitymedia nicht in angemessener Weise. Denn es dauerte entgegen den Kundenvorschriften des Telekommunikationsgesetzes mehrere Monate, nämlich bis April 2016, bis endlich zumindest ein technisches Prüfprotokoll und ein Kommunikationsdatensatz mit näheren Informationen zu den Datendiensten übersendet wurden. Aber auch diese waren nicht schlüssig.

Dabei ist in der EU-Roaming-Verordnung ausdrücklich zum Schutz der Mobilfunkkunden geregelt, dass mobile Datendienste, die plötzlich die Kosten explodieren lassen, ab einer Grenze von 50 € zuzüglich Mehrwertsteuer automatisch gesperrt werden müssen (EU-Roaming III Verordnung) und Warnmeldungen in geeigneter Form (z.B. per SMS) an das Gerät des Kunden zu senden. Beides war hier nach Überprüfung des Geräts und der Rechnung nicht geschehen. Solche unterlassenen Sperren und unterbliebenen Warnmeldungen sind, wie der BGH in einem ähnlichen Fall entschieden hat, eine Nebenpflichtverletzung des Providers, der sich schadenersatzpflichtig macht, wenn plötzlich ungewöhnlich hohe Kosten anfallen, ohne den Nutzer hierauf aufmerksam zu machen und um gesonderte Bestätigung zu bitten (§§ 241, 311, 254 BGB – siehe BGH Urteil vom 19.07.2012, Az. III ZR 71/12).

Weder auf die detaillierten Einwendungen und Fragen ging Unitymedia Hessen ein, noch erfolgte ein zugesagter Rückruf, um die Sache aufzuklären und einen nachvollziehbaren Lösungsvorschlag zu machen. „Kulanter“ Weise bot Unitymedia ohne weitere Erläuterungen lediglich einen Vergleich von 80 % an, der bei dieser Sachlage völlig inakzeptabel ist. Irgendetwas ist faul mit Deutschlands Providern, wenn sie so mit Ihren Kunden umspringen. Wir lassen nicht locker und haben Beschwerde bei der Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur eingelegt und sind dann mal gespannt, ob Unitymedia die Panne nun endlich wieder in Ordnung bringen kann. Nein, Herr Geschäftsfühler Schüler, Unitymedia „Mobil Flat Family & Friends + Surf“ Karten kann ich wirklich nicht empfehlen! Ist gar nicht kunden- und schon gar nicht familienfreundlich wie der Produktname uns suggerieren soll.

[update 27.01.2017: Inzwischen – man beachte schlappe 11 Monate später – hat Unitymedia schriftlich bestätigt, dass sie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“ dennoch verbindlich den strittigen Betrag von 6.397,92 € ausgebucht haben. Sprich das Ziel des Mandanten, eine Gutschrift zu bekommen und Bestätigung, dass die Sache erledigt ist, hat er endlich erreicht. Allerdings hat Unitymedia den Verbraucher dazu Monate warten lassen und richtig auflaufen lassen, denn sogar auf Beschwerde bei der Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur, gab es von Unitymedia keine Erklärung. Die Anwaltskosten will Unitymedia freiwillig auch nicht ersetzen. Ich kann derzeit daher nur davon abraten, Schlichtungsstellen als Verbraucher anzurufen, da die Teilnahme für die Provider freiwillig ist und man damit rechnen muß, dass die – wie in diesem Fall – gar nicht antworten und somit die Schlichtung scheitert. Den Aufwand kann sich der Verbraucher also – das muss man leider sagen – sparen. Solange es für die Provider freiwillig ist, taugt das also gar nichts. Die Schlichtungsstelle kann die Provider gar nicht zur Teilnahme zwingen. Man sollte also sowas nur machen, wenn der Provider schriftlich ein Schlichtungsverfahren vorschlägt oder sich schriftlich damit ausdrücklich einverstanden erklärt hat, die Sache im Schlichtungsverfahren zu klären. Besser bleibt also, sich mit einer geeigneten Privatpolice bei einem Rechtsschutzversicherer abzusichern, um von den Kosten der Rechtssverfolgung bei Klagen mit hohen Streitwerten freigestellt zu werden.

Von Stefanie Hagendorff - Rechtsanwältin und IT-Fachanwältin

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwältin für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

3 Antworten auf „#Kostenfalle von #Unitymedia bei #Mobilfunk-Datendiensten“

„Dabei ist in der EU-Roaming-Verordnung ausdrücklich zum Schutz der Mobilfunkkunden geregelt, […]. Beides war hier nach Überprüfung des Geräts und der Rechnung nicht geschehen.“ Warum auch im – wie es in der Rechnung offenbar richtig heißt – „Nicht-EU-Ausland“?

Hallo MW, Unitymedia hat auch dann die in der EU-Roaming-Verordnung in Art. 15 geregelten Hinweis- und Sperrpflichten, wenn der Kunde Datenroamingdienste auf Reisen außerhalb der EU abruft und hierbei zur Bereitstellung der Dienste mit ausländischen Dienstanbietern zusammenarbeitet (Art. 15 Abs. 6 EU-Roaming-Verordnung III). In Artikel 18 dieser Verordnung ist übrigens auch geregelt, dass die Sanktionen bei Verstößen gegen diese Verordnung wirksam und abschreckend sein müssen, damit die Provider sie nicht einfach ohne fühlbare Nachteile ignorieren. „toter Mann“ spielen im Verfahren vor der Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur gilt also nicht.

Unity Media ist nicht nur als Internet-Provider absolut nicht zu empfehlen, sondern auch nicht für andere Dienste. Wir hatten TV-Dienste gebucht (um englische und französische Sender zu empfangen). Eine Weile ging es gut, dann wurden ausgerechnet die ausländischen Sender ohne Ankündigung urplötzlich gestrichen. Auf unsere Nachfrage hin erfuhren wir, dass wir sie – gegen eine Zusatzgebühr, versteht sich – hätten „dazubuchen“ können. Folglich kündigten wir unser Abo ebenso fristlos wie Unity Media ihre Leistung eingestellt hatte. Und ließen, begleitet von einem bitterbösen Schriftwechsel, die Abbuchungen jeden Monat wieder zurückbuchen. 6 Monate lang. Dann hatte die Firma es endlich begriffen. Ich wünsche Ihnen ein gutes Durchhaltevermögen, denn bei Unity Media weiß die Rechte nicht, was die Linke tut.

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