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Blogroll Schadenersatzrecht

BGH erleichtert Schadenersatzklagen bei sittenwidriger Schädigung durch sog. Schneeballsysteme

Immer wieder kommt es vor, dass Richter in erster Instanz die Anforderungen an den klägerischen Vortrag überspannen, hier hat mal wieder der BGH das zurechtgerückt. Grundsätzlich hat der Kläger eines Verfahrens alle klagebegründenden Umstände vorzutragen und zu belegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) ist den Geschädigten von sog. Schneeballsystemen nun entgegengekommen und hat eine Beweislasterleichterung mit Urteil vom 04.02.2021, Az.: III ZR 7/20 beschlossen.
Unter dem Begriff “Schneeballsystem” versteht man eine Betrugsmasche, bei der die Befriedigung von Altgläubigern mit dem Geld von Neugläubigern erfolgt. Das System erwirtschaftet keinen eigenen Gewinn, sondern finanziert sich durch Überschuldung. Es ist für Geschädigte regelmäßig schwierig, das im Einzelnen nachzuweisen, da die Betrüger Gewinne und Erfolg oft lange geschickt vortäuschen und Scheingewinne ausschütten und interne Verstrickungen und Zahlungsströme der Beteiligten schwer von außen ermittelbar sind. Nun hat der BGH die Beweiserwartungen an die Gläubiger abgesenkt.
Der BGH stellt klar, dass hier die Anforderungen an den klägerischen Vortrag nicht überspannt werden dürfen und gesteht den Geschädigten eine Beweiserleichterung zu. Nach dem Leitsatz des BGH genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig bereits dadurch, dass er Umstände vorträgt, die das (weitere) Betreiben eines solchen „Schneeballsystems“ als naheliegend erscheinen lassen. Den Gegner trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat sich im Rahmen der ihm nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behaup- tungen der beweispflichtigen Partei zu äußern; anderenfalls gilt das Vorbrin- gen des Geschädigten als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

BGH, Versäumnisurteil vom 4. Februar 2021 – III ZR 7/20 – OLG Bamberg LG Schweinfurt
Volltext https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=III%20ZR%207/20&nr=117724

Von Stefanie Hagendorff - Rechtsanwältin und IT-Fachanwältin

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwältin für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

5 Antworten auf „BGH erleichtert Schadenersatzklagen bei sittenwidriger Schädigung durch sog. Schneeballsysteme“

Nein, die Staatsanwaltschaft ist nur zuständig für die Anklage im Strafprozess, d.h. die strafrechtliche Verfolgung vor dem Strafrichter zu verfolgen. Hier ging es um den Schadenersatzanspruch, also eine zivilrechtliche Klage gegen die Verantwortlichen der beteiligten Gesellschaften. Der Staatsanwalt ist am Zivilprozess nicht beteiligt, bei laufenden Ermittlungen bekommt der Verletzte unter Umständen auch noch gar keine Akteneinsicht in das Strafverfahren. Es gibt zwar in geeigenteten Fällen auch die Möglichkeit des Geschäftigten, die Strafanzeige mit einem sog. Adhäsionsantrag zu verbinden, der beinhaltet, dass der Strafrichter bei einem Strafprozess auch gleichzeitig sozusagen als Beiwerk auch über den Schadenersatzanspruch entscheidet, aber eine solche Konstellation lag hier nicht vor.

Ganz herzlichen Dank für die umfassende Aufklärung. Ich hatte mir eingebildet, es läge hier ein Offizialdelikt vor, aber die beiden Verfahren sind wohl voneinander getrennt.

Ja, wenn die Staatsanwaltschaft z.B. zu lange braucht, ist es bei hohen Vermögenswerten und Schäden mitunter besser die zivilrechtliche Verfolgung des Schadenersatzes getrennt vom Strafverfahren zu verfolgen. So lag der Fall wohl auch hier. Die Frage Offizialdelikt und Antragsdelikt mit Antragsfrist 3 Monate für die Strafanzeige/Strafantrag bei Antragsdelikten wie Betrug nach der § 77b der Strafprozessordnung ist ein anderes Thema 😉 Wünsche noch einen schönen Tag

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