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Porno-Abmahnkanzlei U+C droht mit namentlicher Nennung Abgemahnter, die nicht gezahlt haben

update 01.09.2012: Das Landgericht Essen hat inzwischen auf Antrag eines von U+C Abgemahnten eine einstweilige Unterlassungsverfügung gegen die Kanzlei U+C erlassen – hierüber berichtet Rechtsanwalt Peters aus Dortmund, der die Entscheidung erstritten hat.
20.08.2012. Die Regensburger Kanzlei U+C, welche für die massenweise Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing für Pornofilmproduzenten bekannt ist, droht öffentlich am 01.09.2012 die Namen von abgemahnten Gegnern ihrer Mandanten in einer Gegnerliste auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen, und zwar solche “aus offenen und anhängigen Mandatsverhältnissen”. Rechtsanwalt Urmann & collegen beruft sich auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, in dem in Bezug auf umstrittene Kapitalanlagefirmen einem auf die Vertretung getäuschter Verbraucher spezialisierter Rechtsanwalt ausdrücklich die Veröffentlichung solcher Gegnerlisten zu Werbezwecken erlaubt wurde. Dabei ging es aber um die namentliche Nennungen von gewerblichen Gegnern der Anwälte und lediglich vertragliche Forderungen wegen Pflichtverletzungen bei der Kapitalanlageberatung, ohne hierbei in Bezug auf konkrete Streitigkeiten Forderungen hiermit zu erpressen.
Nach ständiger Rechtssprechung ist jedoch die öffentliche Androhung einer namentlichen Veröffentlichung im Internet bei strittigen Forderungen normalerweise versuchte strafbare, rechtswidrige Nötigung. Dies folgt aus dem Gedanken, dass wegen des Rechtsstaatsprinzips der Rechtsweg zur Durchsetzung von Forderungen Vorrang vor einer Medienveröffentlichung haben muß. Denn wenn individuelle Ansprüche streitig sind, sind zur Klärung und Entscheidung hierfür eben die Gerichte zuständig und darf nicht der Gegner mit der Androhung der Rufschädigung erpresst werden. So etwa nach Entscheidungen der 28. Kammer des Landgerichts Köln (Aktenzeichen gerade nicht zur Hand, aber wen es interessiert, reiche ich das gerne nach!). Rechtsanwalt Urmann schadet damit in seiner Vorgehensweise nicht nur dem Anwaltsberuf, in dem er gegenüber den betroffenen abgemahnten Anschlussinhabern die Angst schürt, sie würden im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Herunterladens von Pornofilmen öffentlich im Internet namentlich genannt werden – und dies auch wenn sie den Vorwurf bestritten haben. Es dürfte wahrscheinlich gemäß §§ 240, 22 StGB ein Straftatbestand (versuchte Nötigung) erfüllt sein, der jedoch nur verfolgt wird, wenn Strafanzeigen bei den Strafverfolgungsbehörden eingereicht werden und die Mühlen der Justiz in Gang setzen. Oder eben wenn sich mit der Beantragung einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen die drohende Veröffentlichung Betroffene wehren.

Der Text der umstrittenen Ankündigung auf der Webseite urmann.com/gegnerliste lautet gegenwärtig wie folgt:

Gegnerliste

In einem großen Teil der uns anvertrauten Mandate erzielen wir vergleichsweise Einigungen. Im Interesse unserer Mandanten ist dies häufig sinnvoller als der Gang durch die Gerichtsinstanzen. Ist es jedoch erforderlich, scheuen wir den Kampf ums Recht vor den Gerichten nicht.

Voraussichtlich ab dem 01.09.2012 finden Sie nachstehend eine Auswahl der Gegner aus offenen und anhängigen Mandatsverhältnissen, gegen die uns Mandat erteilt wurde oder Mandat erteilt ist zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Tätigkeit.

Die Veröffentlichung erfolgt gemäß Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2007 – 1 BvR 1625/06.

Da die Kanzlei für die Abmahnung von der unerlaubten Veröffentlichung von Pornofilmen über Tauschbörsen (z.B. für Videorama oder Purzel Video) bekannt ist und hierauf spezialisiert ist, muß der durchschnittliche Abgemahnte diese Ankündigung so verstehen, dass ihm angedroht wird, er müsse zahlen, um die Veröffentlichung seines Namens in dieser Gegnerliste zu verhindern. Es wird daher von der Drohung mit einem Internetpranger für Abgemahnte gesprochen (z.B. Rechtsanwalt Udo Vetter und der Freisinger Kollege Stadler)

Die meisten Betroffenen werden jedoch schon allein wegen des hohen Kostenrisikos eines solchen (weiteren) Streits hiervon absehen, rechtliche Schritte einzleiten (sei es Rüge bei Rechtsanwaltskammer, Strafanzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft oder Antrag auf eine einstweilige eilige und vorläufige Unterlassungsverferfügung gegen drohende oder dann möglicherweise auch erfolgte Veröffentlichung bei Gericht).

Das scheinen die Rechtsanwälte Urmann & Collegen bereits einkalkuliert haben, anders ist aus meiner Sicht dieser Vorstoss nicht erklärbar! Desweiteren ist zu vermuten, dass Urmann & collegen die Entscheidung des BGH zum Auskunftsanspruch vom 19.04.2012 so verstanden haben, dass alle Anschlussinhaber, deren IP-Adresse von Antipiracy-Ermittlungsfirmen bei illegalem Filesharings ermittelt werden, “offensichtlich” – wie der BGH entschieden hat – eine Urheberrechtsverletzung begehen, für die eine weitere Prüfung, ob im Einzelfall ein gewerbliches Ausmass erreicht wird, nach § 101 UrhG keine Voraussetzung sei.

Es bleibt also zu hoffen, dass diese Praxis der Androhung mit namentlicher Nennung und Anprangerung im Internet nicht Schule macht und dies Abmahnkanzleien wie U+C gerichtlich untersagt wird.