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#VRRL #Online-Shops #Fernabsatzrecht: Neuer Leitfaden der EU-Kommission veröffentlicht

Die europäische Kommission hat einen 79-seitigen Leitfaden „DG Guidance Document“ zur Auslegung des neuen Widerrufsrechts im Fernabsatz gegenüber Verbrauchern – VRRL – und damit der Auslegung auch der neuen nationalen Verbraucherschutzgesetze veröffentlicht, die wegen des Gebots der EU-rechtlichen Vollharmonisierung bei Zweifelsfragen heranzuziehen sein wird. Bislang ist dieser Leitfaden nur in englisch verfügbar. Auch dieser Leitfaden wird wohl den Gerichten als Orientierungshilfe bei Streiten über die Auslegung der neuen Vorschriften im Fernabsatz dienen, selbst wenn der Leitfaden selbst nicht wie die EU-Richtlinie selbst europarechtlich verbindlich ist.

Unter anderem zur Frage der Telefonnnummerangabe stellt die Kommission auf S. 24 des Leitfadens damit klar, dass zu unterscheiden ist, ob vor Vertragsschluss für alle oder nach Vertragsschluss für den Kunden informiert wird. Jedenfalls vor Vertragsschluss, also auch noch bei der Bestellung vor Angebotsannahme ist in Impressum bei Händlern oder Dienstleistern, die Online-Portale, Shops auf Online-Portalen wie EBay usw. oder eigene Online-Shops betreiben, nicht zwingend zusätzlich zu e-mail oder Fax oder Online-Kontaktformular zusätzlich eine Telefonnummer angeben müssen, sondern vor Vertragsschluss die Veröffentlichung einer Telefonnummer nur auferlegt wird, soweit verfügbar. Kleinunternehmer oder andere Unternehmer, die aus Kostengründen keine Anrufe von Nicht-Kunden annehmen und bearbeiten möchten und daher keine Telefonnumer zur Verfügung stellen möchten, dürfen also weiterhin die Telefonnummer weglassen, Hauptsache der Interessenten haben vor dem Vertragsschluss eine Möglichkeit der schnellen elektronischen Kontaktaufnahme.  Nach Vertragsschluss ist allerdings nach der EU-Dienstleistungs-Richtlinie eine Telefonnummer, die keine zusätzlichen Kosten als die unmittelbaren Festnetzkosten veranlassen darf, für Widersprüche oder Beschwerden dem Verbraucher, die bereits Kunden sind, zur Verfügung zu stellen.

Zwar liest sich nach dem Wortlaut von Art. 246a EGBGB in der neuen seit 13.06.2014 geltenden Fassung die Vorschrift so, dass die Telefonnummer als Pflichtangabe vor Vertragsschluss also etwa in der Artikelbeschreibung oder im Impressum angegeben werden muss. Nunmehr stellt jedoch der Leitfaden der EU-Kommission klar, dass die Telefonnummer erst nach Vertragsschluss vorgeschrieben ist für Kunden, die sich telefonisch beschweren wollen oder einen Widerruf erklären möchten. Damit muß spätestens in der Bestellbestätigung bei Online-Shops oder mit Lieferung der Ware in der Widerrufsbelehrung die Telefonnummer für die Kunden, die Verbraucher sind, aufgenommen werden. Kunden, die gerade keinen Internetzugang haben, wahlweise dann den Verkäufer oder Dienstleister auch anrufen können, so heisst es sinngemäß in FN 16 auf Seite 24 der Erläuterungen und daher die Unterscheidung zwischen Informationspflicht vor Vertragsschluss und nach Vertragsschluss. Ob es für Händler je nach Shopsystem praktikabel ist, vor Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung ohne Telefonnummer und dann später  in der Bestellbestätigung oder mit der Lieferung eine geänderte Widerrufsbelehrung mit Telefonnummer zu generieren, ist eine andere Frage. Jedenfalls ist nun klargestellt, dass in den Gestaltungshinweisen mit Textbausteinen zu dem neuen amtlichen Widerrufsformular (Textbaustein 2 in Anlage 1 (zu Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 2) nunmehr die Angabe der Telefonnummer „soweit verfügbar“ so zu interpretieren ist, dass vor Vertragsschluss die Telefonnummer nicht zwingend angegeben werden muss, wenn der Unternehmer die Telefonnummer nur Kunden mitteilen will.

Von Stefanie Hagendorff - Rechtsanwältin und IT-Fachanwältin

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwältin für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

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