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Landgericht Hamburg Urteil vom 19.07.2023: Geld zurück von Coaching-Anbieter Hook Consulting

Aktuelle Urteile zu Online-Kursen und Coaching-Anbietern ohne ZFU-Zulassung
Online-Kurse können unter bestimmten Umständen zulassungspflichtig sein und sind in diesem Fall bei Fehlen der Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU.de) nichtig, und zwar auch dann, wenn der Teilnehmer Unternehmer oder Existenzgründer ist. Neben anderen Stolperfallen, die ich hier nicht aufzählen kann, ist das eine und diese Ansicht setzt sich seit einiger Zeit bei den Gerichten durch. Einige Urteile, die in der E-Learning Branche seit Frühjahr 2023 für Unruhe gesorgt haben, wie u.a. Landgericht Hannover oder OLG Celle vom 1.3.2023 zeigen das. Dazu hatte ich bereits in diesem Blog berichtet. Auch das Landgericht Hamburg hat in 2023 mit Urteil vom 19.07.2023 Az. 304 O 277/22 entschieden, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nicht nur Verbraucher als Teilnehmer schützt, sondern auch Selbständige, Existenzgründer und Unternehmer. So hat das Landgericht Hamburg eine Zahlungsklage des Online-Coaching-Kursanbieter Hook Consulting gegen einen Teilnehmer, der den Vertrag widerrufen hatte, abgewiesen und der Widerklage auf Erstattung der Teilzahlungen stattgegeben. Update 29.02.2024: Das vorgenannte Urteil wurde allerdings inzwischen mit Urteil vom 20.02.2024 durch das Oberlandesgericht Hamburg Az. 10 U 44/23 aufgehoben. Darauf gehe ich in Kürze näher ein in einem neuen Beitrag. Selbst wenn nach Ansicht des OLG Hamburg das „E-Commerce Mentoring“ von Hook Consulting in dem dort vorgetragenen Einzelfall nicht dem Fernunterrichtschutzgesetz unterliege (was im Falle eines individuellen Coachings oder jedenfalls überwiegend synchronem Fernunterricht ja zutreffend wäre), erscheint hier jedenfalls die Ablehnung weiterer in diesem Fall naheliegender Nichtigkeitsgründe nicht vollständig vom Gericht geprüft oder jedenfalls begründet worden. Insbesondere hat das Gericht festgestellt, dass ein Vertrag im Rahmen eines Telefonats mit einem Existenzgründer geschlossen wurde und dieser eine Ratenzahlungsvereinbarung beinhaltete. Demzufolge hätte das Gericht die Anwendung der besonderen Schutzvorschriften für Existenzgründer nach § 513 BGB, denen ein Anbieter zum Zwecke der Existenzgründung Waren und/oder Dienstleistungen mit einer Finanzierungshilfe gewährt, prüfen müssen und vorliegend die Nichtigkeit mangels Schriftform oder jedenfalls Widerruf des Vertrags bejahen müssen. Darauf ist das Gericht jedoch gar nicht eingegangen – aus unklaren Gründen. Außerdem wendet sich das Gericht in der Auslegung des FernUSG hinsichtlich der Voraussetzung „Lernerfolgskontrolle durch den Lehrenden“ gegen ein Urteil des Bundesgerichtshof aus 2009 zu einem Geldlehrgang, das den Umständen nach wegen der Erfolgsversprechen und Fragerechte an den Lehrenden für ihre individuellen Probleme mit dem Lernstoff an den Anbieter das FernUSG auf einen Online-„Geldlehrgang“ angewendet hatte.

Zulassungspflicht nach § 12 Fernunterrichtsschutzgesetz beachten
Der Anbieter hatte keine Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht nach § 12 FernUSG, obwohl laut Urteil I. Instanz die Online-Videos mehrheitlich nicht in einem virtuellen Direktunterricht z.B. Live-Calls, Chat-Support, Webinare, individuelle Coaching Beratung 1:1 oder in Kleingruppen angeboten wurden, sondern die Lerninhalte in Form von Videos und Dokumenten auf Abruf in einem zahlungspflichtigen Kundenbereich. Der Teilnehmer hatte wenige Tage nach Vertragsschluss im März 2023 den Vertrag widerrufen, aber auf die Wirksamkeit des Widerrufs kam es laut Landgericht Hamburg gar nicht an. Denn ohne die Zulassung der ZFU war laut Landgericht Hamburg der telefonisch geschlossene Vertrag nach § 7 FernUSG nichtig und konnte der Teilnehmer die Teilzahlungen zurückverlangen.

Volltext des Urteils mit Klageabweisung Landgericht Hamburg vom 19.07.2023
Auf die Entscheidung, die jedoch mit einem stark geänderten Sachverhalt nunmehr das Oberlandesgericht Hamburg aufgehoben hat, hatte die Media Kanzlei aus Frankfurt am Main hingewiesen. Das Urteil Landgericht Hamburg, Urteil vom 19.07.2023 – Az. 304 O 277/22 – ist mit dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen im Volltext abrufbar unter:
https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/JURE230056830/part/L
Wie gesagt, ist inzwischen am 20.02.2024 das Urteil des Landgerichts vom OLG Hamburg aufgehoben worden. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zum Inhalt des OLG-Urteils des OLG-Hamburg_geschwaerzt-Urteil-vom-20-02-2024-304-O-277-22-E-Commerce-Mentoring-von-HC und meine kritischen Anmerkungen dazu in einem neuen Beitrag hier in kürze (es bleibt spannend). Dazu näher in Kürze in einem neuen Blogbeitrag hier.

Update 16.09.2023: Inzwischen haben dieser und weitere Anbieter ihre Angebote angepasst, aber dazu berichte ich in einem anderen Beitrag, weil die Verträge dadurch trotzdem mitunter immer noch unwirksam sind. Auch im Fall von Hook Consulting gibt es zwar inzwischen ein abweichendes Urteil des Landgericht Ravensburg vom 11.07.2023 Az. 5 O 25/23 (update: dazu ist beim OLG Stuttgart ein Berufungsverfahren anhängig und ich schätze, das Urteil wird der Senat aufheben). Der Teilnehmer kam im Fall des Landgerichts Teilnehmer nicht aus dem Vertrag heraus, obwohl er kurz nach dem Vertragsschluss (dort signiert mit Docusign während des Telefonats mit Bastian Hook) den Widerruf des Vertrages erklärt hatte. Das Urteil ist aber meines Erachtens aus mehreren anderen Gründen im Ergebnis falsch. (Spoiler: Da ich dort allerdings nicht Prozessbevollmächtigte des Teilnehmers war/bin und die Berufungsbegründung nicht kenne, kann ich nur die Urteilsgründe auswerten und werde dazu eine Anmerkung schreiben, warum der Vertrag nichtig sein dürfte; der Rechtsstreit ist nach meinen Informationen im Berufungsverfahren – das OLG Stuttgart müsste nach meiner Einschätzung das Urteil wahrscheinlich aufheben und der Teilnehmer sein Geld zurückerhalten.)

Update zu einem Schreiben der ZFU und meine Hinweise für die Praxis
UPDATE 22.08.2023: Herr Sebastian Knoll alias Bastian Hook hat mir per E-mail mitgeteilt, dass er Rechtsmittel einlegt und inzwischen die ZFU ihm mit Schreiben vom 17.08.2023 (adressiert an Hook Consulting E-Commerce EG aus Berlin) bestätigt habe, dass das Bildungsangebot „E-Commerce Masterclass Coaching…..nach Prüfung der von ihm…eingereichten Unterlagen….wegen Fehlens des Merkmals der überwiegenden räumlichen Trennung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nicht unter den Anwendungsbereich des FernUSG„… falle. Eine Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 FernUSG ist (laut ZFU) somit nicht erforderlich. Nähere Details sind mir dazu nicht bekannt, denn es ist ja gerade ein Unterschied, was er der Behörde zur Prüfung eingereicht hat und was er dem Teilnehmer bei Vertragsschluss zusichert bzw. in Textform bestätigt. Letzteres erfolgt laut AGB eben nicht, denn es heißt in § 2 der AGB, dass der Vertrag (auch) fernmündlich zustande kommt und in Absatz 3, dass der Teilnehmer auf eine separate Auftragsbestätigung keinen Anspruch habe. Es wird also Wert darauf gelegt, die fernmündlichen Zusagen dem Teilnehmer nicht schriftlich oder wenigstens per Email zu bestätigen.

Ich gehe daher weiterhin von einem Warnbedürfnis wegen Gefahr einer Vertragsfalle aus, das ausnahmsweise die namentliche Nennung im wettbewerblichen Kontext rechtfertigt und verweise hierzu beispielhaft auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 06.05.2021, Az. I ZR 167/20 – Vorsicht Falle).

Haben Sie Fragen zu einem ähnlichen Thema als Anbieter, E-Learning-Plattform, Developer oder Teilnehmer? Dann können Sie hier Kontakt auf oder rufen unter +49 6031-6708843 an.

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#Kostenfalle von #Unitymedia bei #Mobilfunk-Datendiensten

Irgend etwas ist faul mit den deutschen Internetprovidern. Die Sommerferien stehen an und viele Urlauber nehmen ihr Smartphone mit ins Ausland. Jedes Jahr tappen dabei Urlauber in Kostenfallen mit ihrem Handy, wenn die Internetfunktionen nicht deaktiviert werden und Apps wie Navi, Social Media und Internetbrowser weiterlaufen. Die anfallenden mobilen Datennutzungsgebühren (Roaming) können sehr teuer werden, wenn der Nutzer nicht aufpasst, denn auf die Provider ist offensichtlich kein Verlass. Soweit nicht am Urlaubsort ein WLAN zur Verfügung steht, sollte jeder Urlauber darauf achten, seine Interneteinstellungen auf dem Smartphone zu kontrollieren. Internetdienste sollte man im Zweifel im Ausland deaktivieren, um teure Kostenfallen zu vermeiden.

Zwar schützt theoretisch die EU-Roaming-Verordnung Urlauber mit deutschen Providerverträgen auch im EU-Ausland und in gewisser Hinsicht auch im Nicht-EU-Ausland. So sind dort Kostenairbags und automatische Warnmeldepflichten geregelt.

Der Fall eines meiner Mandanten und Unitymedia-Kunden und das Verhalten von Unitymedia in der Sache zeigen, dass Urlauber mit Providern wie Unitymedia jedoch ihr blaues Wunder erleben und in Kostenfallen von mehreren Tausend Euro geraten können. Nach einem Urlaub in Serbien von wenigen Tagen, aus dem seine Tochter mit ihrer Mutter zurückkehrte, wurde die Familie mit einer Lastschrift vom Girokonto von fast 6.500 € jäh aus ihren Urlaubsträumen gerissen. Im konkreten Fall hatte ein Familienvater im Rahmen seines 3play Premium 150 Paketes (TV, Internet für Festnetz und Handy) für die 11jährige Tochter eine kostenlose Family & Friends + Surf Sim-Zusatzkarte dazu gebucht. Das Mädchen nutzte das Smartphone nicht zum telefonieren oder simsen, sondern spielte Bubbleshooter, ein einfaches Geschicklichkeitsspiel mit einer App, die bereits in Deutschland lange vor dem Urlaub ohne Probleme genutzt worden war. Nach dem Urlaub rechnete Unitymedia im November 2015 neben den regulären Paketgebühren weitere 6.397,91 € für „Datendienste im Nicht-EU-Ausland im Zeitraum 17.10.2015-24.10.2015“ ab und zog ohne weiteres den Betrag per Lastschrift ein. In der lediglich online hinterlegten Rechnung gab es hierzu nur die unverständliche Mengenangabe „17“, ohne die Einheiten anzugeben und auf Beschwerde passierte erst mal gar nichts. Selbst wenn hier Megabite (MB) die gemeinte Einheit gewesen wäre, wären aber nach der eigenen Preisliste für Roaming im Ausland bei Unitymedia hierfür nicht über 6.000 € angefallen. Zudem konnte sich der geschockte Familienvater auch den Umfang der angeblichen Nutzungen nicht erklären und fand auch keine SMS oder ungewöhnliche Apps auf dem Handy seiner Tochter. Auch auf weitere anwaltliche Beschwerden gegen die Rechnung, die offensichtlich falsch sein musste, weil weder die Menge der Datendienste (Roaming) noch die Preisberechnung nachvollziehbar war, reagierte Unitymedia nicht in angemessener Weise. Denn es dauerte entgegen den Kundenvorschriften des Telekommunikationsgesetzes mehrere Monate, nämlich bis April 2016, bis endlich zumindest ein technisches Prüfprotokoll und ein Kommunikationsdatensatz mit näheren Informationen zu den Datendiensten übersendet wurden. Aber auch diese waren nicht schlüssig.

Dabei ist in der EU-Roaming-Verordnung ausdrücklich zum Schutz der Mobilfunkkunden geregelt, dass mobile Datendienste, die plötzlich die Kosten explodieren lassen, ab einer Grenze von 50 € zuzüglich Mehrwertsteuer automatisch gesperrt werden müssen (EU-Roaming III Verordnung) und Warnmeldungen in geeigneter Form (z.B. per SMS) an das Gerät des Kunden zu senden. Beides war hier nach Überprüfung des Geräts und der Rechnung nicht geschehen. Solche unterlassenen Sperren und unterbliebenen Warnmeldungen sind, wie der BGH in einem ähnlichen Fall entschieden hat, eine Nebenpflichtverletzung des Providers, der sich schadenersatzpflichtig macht, wenn plötzlich ungewöhnlich hohe Kosten anfallen, ohne den Nutzer hierauf aufmerksam zu machen und um gesonderte Bestätigung zu bitten (§§ 241, 311, 254 BGB – siehe BGH Urteil vom 19.07.2012, Az. III ZR 71/12).

Weder auf die detaillierten Einwendungen und Fragen ging Unitymedia Hessen ein, noch erfolgte ein zugesagter Rückruf, um die Sache aufzuklären und einen nachvollziehbaren Lösungsvorschlag zu machen. „Kulanter“ Weise bot Unitymedia ohne weitere Erläuterungen lediglich einen Vergleich von 80 % an, der bei dieser Sachlage völlig inakzeptabel ist. Irgendetwas ist faul mit Deutschlands Providern, wenn sie so mit Ihren Kunden umspringen. Wir lassen nicht locker und haben Beschwerde bei der Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur eingelegt und sind dann mal gespannt, ob Unitymedia die Panne nun endlich wieder in Ordnung bringen kann. Nein, Herr Geschäftsfühler Schüler, Unitymedia „Mobil Flat Family & Friends + Surf“ Karten kann ich wirklich nicht empfehlen! Ist gar nicht kunden- und schon gar nicht familienfreundlich wie der Produktname uns suggerieren soll.

[update 27.01.2017: Inzwischen – man beachte schlappe 11 Monate später – hat Unitymedia schriftlich bestätigt, dass sie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“ dennoch verbindlich den strittigen Betrag von 6.397,92 € ausgebucht haben. Sprich das Ziel des Mandanten, eine Gutschrift zu bekommen und Bestätigung, dass die Sache erledigt ist, hat er endlich erreicht. Allerdings hat Unitymedia den Verbraucher dazu Monate warten lassen und richtig auflaufen lassen, denn sogar auf Beschwerde bei der Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur, gab es von Unitymedia keine Erklärung. Die Anwaltskosten will Unitymedia freiwillig auch nicht ersetzen. Ich kann derzeit daher nur davon abraten, Schlichtungsstellen als Verbraucher anzurufen, da die Teilnahme für die Provider freiwillig ist und man damit rechnen muß, dass die – wie in diesem Fall – gar nicht antworten und somit die Schlichtung scheitert. Den Aufwand kann sich der Verbraucher also – das muss man leider sagen – sparen. Solange es für die Provider freiwillig ist, taugt das also gar nichts. Die Schlichtungsstelle kann die Provider gar nicht zur Teilnahme zwingen. Man sollte also sowas nur machen, wenn der Provider schriftlich ein Schlichtungsverfahren vorschlägt oder sich schriftlich damit ausdrücklich einverstanden erklärt hat, die Sache im Schlichtungsverfahren zu klären. Besser bleibt also, sich mit einer geeigneten Privatpolice bei einem Rechtsschutzversicherer abzusichern, um von den Kosten der Rechtssverfolgung bei Klagen mit hohen Streitwerten freigestellt zu werden.

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Datenschutzrecht Vertragsrecht

GWE und der Adressbuchschwindel – wie sollte man hierauf als Betroffener reagieren

Obwohl das Unterlassungsurteil vom OLG Düsseldorf gegen die GWE inzwischen rechtskräftig ist und die GWE Wirtschaftsinformations GmbH vor dem  AG Düsseldorf ihre angeblichen vertraglichen Forderungen nicht durchsetzen kann, läßt die GWE weiter über die Deutsche Direkt Inkasso (DDI) und Rechtsanwältin Mölleken mahnen und droht gerichtliche Durchsetzung an. Dabei wissen alle genannten einschliesslich des Inkassobüros und Rechtsanwältin Mölleken, dass sich bei den Gerichten in Düsseldorf am Sitz der GWE seit 2012 die Auffassung durchgesetzt hat, dass kein wirksamer Vertrag mit den behördenähnlichen Formularen der „gewerbeauskunftszentrale“ zustandekommen und daher die Forderungen nicht gerichtlich durchsetzbar sind. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Androhungen eines negativen Schufa-Eintrages rechtswidrig sind, da die Deutsche Direkt Inkasso nicht Mitglied bei der Schufa AG ist. Dies hat die Schufa AG bestätigt.  Daher können Inkassobüros, die nicht Mitglied bei der Schufa sind, keinen solchen Eintrag veranlassen und es ist daher irreführend nach § 28a BDSG einen solchen Eintrag gegenüber betroffenen Unternehmern anzudrohen, die in der Annahme einer Auskunftserteilung an eine Behörde in die Inkassomühlen der GWE geraten sind. Zudem liegen die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 28a BDSG niemals vor, da kein Vertrag entsteht, wenn eine Kostenpflicht wie bei der GWE nach der Gestaltung des Formulars völlig überraschend im Fliesstext versteckt ist. Sicherheitshalber sollten Betroffene aber 1 x auch widersprechen und hilfsweise wegen Irrtums und hilfsweise arglistiger Täuschung anfechten, wenn sie in diese Branchenbuch-Falle irrig geraten sind und Zahlungsaufforderungen von der GWE erhalten haben bzw. von deren Inkassobüro oder Inkassoanwältin. Im Zweifel einen Anwalt einschalten.

Weitere Wiederholungen des Widerspruchsschreibens sind nur erforderlich/anzuraten, solange noch kein Zugangsnachweis für das Widerspruchsschreiben vorliegt. Die Drohung der GWE bei Nichtzahlung die Forderung gerichtlich durchsetzen zu lassen, wird selten von der GWE wahr gemacht – inzwischen ist damit auch nicht mehr ernsthaft zu rechnen. Denn die Forderung besteht nicht, dies hat wieder ein Urteil des Amtsgericht Düsseldorf vom 17.12.2012, Az. 47 C 12105/12 bestätigt. Dieses hat zu Lasten der GWE wie folgt entschieden:

„Es wird festgestellt, dass der Beklagten keinerlei Ansprüche finanzieller Art gegen die klagende Partei zustehen, insbesondere nicht aus einem angeblich abgeschlossenen Vertrag über die Aufnahme der klagenden Partei in die Onlinedatenbank der Beklagten. Dies gilt insbesondere auch für einen angeblich abgeschlossenen Vertrag mit angeblich jährlichen Zahlungsansprü­chen der Beklagten über 569,06 €, für zwei Jahre also 1.138,12 €.

Die Beklagte wird verurteilt, die klagende Partei von den Kosten der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts K, D freizustellen in Höhe von 130,50 € für dessen außergerichtliche Tätigkeit im Rahmen der Durchsetzung des negativen Feststellungsanspruchs gegen die Beklagte.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Betroffene haben daher folgende Möglichkeiten:

  1. Den Mahnschreiben der GWE und ihrer Vertreter widersprechen, hilfsweise wegen Irrtums und arglistiger Täuschung anfechten und dann alles weitere ignorieren und abheften, es sei denn es kommt Post vom Gericht.
  2. die GWE , auffordern es zu unterlassen Zahlungsaufforderungen aus dem Formular, wie es dem Betroffenen zugesandt wurde, an den Betroffenen zu versenden und hierbei einen negativen Schufa-Eintrag anzudrohen und im Falle der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen.
  3. Falls ein Rechtsanwalt eingeschaltet wurde, die GWE auffordern hierfür entstandenen Kosten in gesetzlicher Höhe zu erstatten
  4. Strafanzeige erstatten bei Staatsanwaltschaft in Köln gegen die GWE und ggfs. deren Inkassobüro
  5. Beschwerde über Rechtsanwältin Mölleken bei Rechtsanwaltskammer (update 20.08.2014 Seit einiger Zeit hat die GWE den Anwalt gewechselt und wird nun von RA Sertsöz aus Köln vertreten) bei der für seine Berufsaufsicht zuständigen Rechtsanwaltskammer in Köln
  6. Beschwerde über die Deutsche Direkt Inkasso bei dem zuständigen Oberlandesgericht Köln,
    Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln
  7. Einklagen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Abwehr, wenn trotz substantiiertem Bestreitens das Inkassoverfahren mit Androhung eines negativen Schufa Eintrages nach § 28a BDSG von der GWE oder ihrem Inkassobüro/-Anwalt  fortgeführt wird verbunden mit dem Antrag, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die angeblichen Zahlungsansprüche, deren sich die GWE berühmt, nicht bestehen (in einem nicht von mir vertretenen Fall hat das wohl aber mal eine Kammer beim Landgericht Düsseldorf anders gesehen und seitdem droht die GWE und RA Sertsöz mit diesem Einzelfallurteil, dass von einem falschen Tatbestand ausgeht weiter).

Die Abmahnung und gerichtliche Durchsetzung sollte aber nur durch einen versierten Rechtsanwalt vorgenommen werden und ferner nur dann, wenn der Betroffene das Insolvenzrisiko der GWE im Blick hat. Denn bei Massnahme laut Punkt 7. – die wohl die effektivste aber auch teuerste sein dürfte – besteht die Gefahr, daß auch bei einem Sieg der Betroffene klagende Unternehmer auf seinen Kosten sitzen bleibt, wenn nämlich dann die GWE insolvent ist. Die Gefahr der Insolvenz dieser gewerblichen Betrüger dürfte daher zu einem hohes Prozessrisiko führen, da der Streitwert solcher Unterlassungsanträge und damit der Prozesskosten mitunter deutlich höher als die streitgegenständlichen Forderungen aus den Rechnungen der GWE sein können. Ob daher zur Abmahnung und Durchsetzung von Unterlassungsklagen geraten werden kann, ist daher mit Fragezeichen zu versehen oder zumindest sollte das hohe Insolvenzrisiko bei der GWE Wirtschaftsinformations GmbH dann gesehen werden, sodass ein Sieg schnell zu einem Pyrrussieg werden kann. Allerdings haben wir alle das schon vor 2 Jahren gedacht und dennoch läßt die GWE weiter munter mahnen.

Es bleibt zu hoffen, dass die nunmehr beschlossenen Änderungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes durch das neue im März 2013 beschlossene „ Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ künftig effektiveren Rechtsschutz bietet, um gewerblichen Betrug mit untergeschobenen Verträgen zu verbessern. Eine bessere personellere Ausstattung der Justiz und der Gerichte wäre aber meines Erachtens ebenfalls erforderlich, denn die Gerichte und vor allem auch die Strafverfolgungsbehörden benötigen bei der Verfolgung der Betreiber derartiger Kostenfallen oft viele Jahre bis die Hintermänner strafrechtlich angeklagt und verurteilt werden. Solange aber bei Staatsanwaltschaft und Gericht den Abofallenbetreibern und ihren Anwälten zu wenige Staatsanwälte und Richter gegenübersitzen, bleibt es zu befürchten, dass dieses Gesetz wieder nur Wahlkampfpropaganda ist, die wenig Wirkung zeitigt. Denn rechtswidrig waren die dort bekämpften unseriösen Geschäftspraktiken der Abofallen und Mahnungen, die an die falschen Leute adressiert sind, schon vorher.

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AG Minden: Automatische Verlängerung im Fliesstext nicht wirksamer Vertragsbestandteil

Das Amtsgericht Minden hat mit Urteil vom 19.12.2012
(22 C 463/12
Verlängerungsklausel in AGB überraschend) entschieden, dass eine lediglich in den AGB und im Fliesstext eines Bestellformulars enthaltene Verlängerungsklausel, nach der der Vertrag sich automatisch verlängert, wenn er nicht vor Ablauf der Laufzeit gekündigt wird, unwirksam ist, weil diese Klausel überraschend ist (§ 305c BGB).

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Datenschutzrecht

Bumerang gegen Abofalle: Neues Unterlassungsurteil des LG Frankfurt vom 10.12.2012

Update 14.12.2012: Streitwert wurde mit Beschluss vom 10.12.2012 auf 12.634,12 € festgesetzt und Tenor der Entscheidung unten präzisiert, nachdem nun die schriftliche Ausfertigung vorliegt. Gegen das Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der IContent GmbH sofort nach Zustellung Berufung eingelegt – so wie bereits nach Erhalt der Abmahnung sofort widersprochen wurde.
—————————-
10.12.2012: Mir liegt das Urteil noch nicht schriftlich vor, aber gestern hat das Landgericht Frankfurt in einem ungewöhnlichen Streit eines Verbrauchers mit einer bekannten Abofalle ein interessantes Urteil verkündet. Den Verbraucher habe ich als Prozessbevollmächtigte vertreten und kann daher berichten:

Das Gericht hat die Betreiberin der Webseite outlets.de gestern 10.12.2012 sinngemäß verurteilt,
1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Klägerin, zu unterlassen, eine e-mail Adresse des Beklagten –
insbesondere die e-mail Adresse vorname.nachname@t-online.de (Name hier natürlich
geändert) – ohne dessen Einwilligung zu nutzen, insbesondere es zu unterlassen an ihn Zahlungsaufforderungen per E-Mail wegen einer angeblichen Anmeldung outlets.de zu übersenden,
ohne die Anmeldung verifiziert zu haben und
hierbei einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht zu stellen.
2. Die Klägerin wird verurteilt, die durch die Inanspruchnahme von Rechtsanältin Stefanie Hagendorff, Hugenottenstr. 94, 61381 Friedrichsdorf entstandenen vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 311,18 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 11.10.2011 zu zahlen.

Außerdem hat zur negativen Feststellungsklage der Klägerin, das Gericht festgestellt, dass die von dem Beklagten geltend gemachten Schadenersatzansprüche nicht bestehen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin (Widerbeklagten) 95 % und der Beklagte (Widerkläger) 5 %.

Zum Hintergrund:
Die Parteien IContent GmbH und ein Verbraucher stritten um eine angebliche Anmeldung bei outlets.de in 2010. Outlets.de verspricht Informationen zu Schnäppchen und Werksverkäufen mit stark reduzierter Ware. Obwohl nach ganz überwiegender Meinung der Kostenhinweis und Vertragslaufzeit nicht klar genug und völlig überraschend war, hielt unter Protest tausender Betroffener und der Verbraucherschutzverbände der Betreiber die Seite und sein Inkassogeschäft erfolgreich lange aufrecht. Hier ware es nun so, daß die Anmeldung nicht aktiviert oder auf sonstige Weise verifiziert worden war. Dennoch behandelte die IContent den Verbraucher als „Kunden“ und sendete an die registrierte e-mail Adresse Rechnungen und Mahnungen. Der Verbraucher und spätere Widerkläger beschwerte sich und widersprach. Dennoch mahnte die IContent in der Manier eines Inkassobüros gegenüber dem Verbraucher weiter und lenkte nicht ein.
E-mails und Anrufe des Verbrauchers, mit denen er geltend machte, dass er sich gar nicht angemeldet hatte,
halfen nicht, die Betreiberin dieser Kostenfalle zum Einlenken zu bewegen. Er wurde immer wieder nur darauf verwiesen, dass die Anmeldung „beweissicher“ mit der IP-Nr soundso im System gespeichert sei und er daher angeblich einen Dienstleistungsvertrag bei outlets.de abgeschlossen habe. Er müsse daher 96 € nebst Mahngebühren für das 1. Vertragsjahr zahlen habee, sonst, so wurde ihm mitgeteilt, habe er „bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen“ mit einem negativen Schufa-Eintrag zu rechnen. Schließlich enthielt jede der e-mails den Footer, daß er bei weiteren Fragen sich an die kostenpflichtige Hotline-Nummer 01805……..wenden solle. Auch Beschwerden bei der Telekom oder dem Bundesverband der Telekommunikation halfen nichts, die ihn zurück an die Icontent verwiesen.

Daraufhin rief er bei der IContent GmbH wiederholt und erfolglos unter der angegebenen 01805…. Nummer an und – dies ist aber streitig geblieben –, wurde 90 Minuten in einer Warteschleife laufend vertröstet mit einem der üblichen Ansagen, die den Anrufer „höflich“ um Geduld bitten.
Nun wurde spätestens hier der bisher typische Fall aber ein ungewöhnlicher. Denn der Verbraucher zahlte nicht und ließ aber auch nicht locker, sodaß auch die IContent GmbH anscheinend langsam Spass daran empfand, den Verbraucher auf die Palme zu bringen.
Die Sache schaukelte sich hoch. Er rief vergeblich erneut an, erreichte dann irgendwann Mitarbeiter, die jedoch beharrlich die Forderung aufrechterhielten.

Schließlich schlug er per e-mail dann einen persönlichen Termin vor Ort vor, um die Angelegenheit zu klären. Als e-mail-Antort kam, man werde sich umgehend an ihn wenden, dies mißverstand er, nachdem er keine Antwort zum Terminvorschlag bekam, als konkludent angenommen. Nach dem Motto, ansonsten hätte die IContent ja widersprechen können….
Er fuhr zu der damaligen Adresse in Frankfurt, ein Bürohaus mit vielen Einzelbüros im teuersten Westend auf der Bockenheimer Landstraße, deren Empfangszentrale mitteilte, es sei niemand der IContent GmbH da.
Nachdem der Verbraucher über das Internet herausfand, dass es sich um eine seit Jahren bei Verbraucherzentralen bekannte Abofalle handelt, über die sich bereits tausende von Verbrauchern beschwert hatten und viele – über 5.000 – sogar Strafanzeige erstattet hatten, erstatte auch er Strafanzeige und ließ einen Mahnbescheid wegen Schadenersatz gegen die IContent GmbH beim AG Hühnfeld erwirken.

Dies hatte jedoch keinen Erfolg, denn gegen den Mahnbescheid wegen Schadenersatz erhob die IContent Widerspruch. Schließlich gelangte die Sache zum AG Seligenstadt, da die Icontent ihren Sitz nach Rodgau verlegt hatte.
Parallel dazu erhob die Klägerin IContent nunmehr vor dem AG Frankfurt eine negative Feststellungsklage gegen die strittigen Schadenersatzansprüche des Verbrauchers.
Nachdem aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs der Klägerin ein Versäumnisurteil gegen sie erging und diese Einspruch einlegte,
wendete sich hilfesuchend der Verbraucher erstmals an mich. Mit dem Mahnbescheid beim AG Hühnfeld hatte er noch andere anwaltliche Vertreter mandatiert.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage habe ich dann empfohlen, entweder einlenken oder handeln nach der Devise: Angriff ist hier die beste Verteidigung.
Der Verbraucher wählte Variante 2: abmahnen lassen. So etwas wollte er nach dem ganzen Ärger sich nicht gefallen lassen. Trotz Kostenrisiken.
Die Schadenersatzklage beim AG Seligenstadt nahm der Verbraucher auf mein Anraten zurück, um nicht auf prozessunökonomisch vor 2 Gerichten in Parallelprozessen um die gleiche Sache zu kämpfen. Wegen des geringen Streitwerts wegen des Streits um die Schadenersatzansprüche war das aber nicht tragisch.
Auch waren seine Schadenersatzansprüche unsicher, da er erhebliche Beweisprobleme hatte wegen der Hotlinekosten und starke Beurteilungsprobleme bei den Fahrtkosten, denn hier war ja auch der vorgeschlagene Termin nicht von Icontent bestätigt worden.

In Abstimmung mit dem Verbraucher mahnte ich daraufhin den Geschäftsführer der Klägerin wegen Unterlassung ab und erhob nach deren Zurückweisung Widerklage wegen Unterlassung und Kostenerstattung.

Wie gestern verkündet, hat das Landgericht Frankfurt zwar auf Antrag der ursprünglich klagenden IContent GmbH festgestellt, dass die von dem Verbraucher geltend gemachten Schadenersatzansprüche in Höhe von rund 132 € (Hotlinekosten, Fahrtkosten zu einem strittigen außergerichtlichen „Klärungstermins“) nicht bestehen, aber die Widerklage des Verbrauchers hatte Erfolg, sodaß 95 % der Kosten von der Klägerin zu tragen sind.

Auf die Widerklage des Verbrauchers wurde nämlich die IContent GmbH verurteilt, es zu unterlassen, die e-mail Adresse des Widerklägers (eines Verbrauchers, der
bestritten hatte, sich bei outlets.de angemeldet zu haben) zu nutzen, insbesondere an die e-mail Adresse vorname.nachname@t-online.de (Name hier natürlich
geändert) Zahlungsaufforderungen und Mahnungen wegen einer angeblichen Anmeldung bei outlets.de zu senden, ohne die Anmeldung verifiziert zu haben und
hierbei einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht zu stellen.
Desweiteren wurde die widerbeklagte IContent GmbH auch verurteilt, dem Beklagten die entstandenen Anwaltskosten in gesetzlicher Höhe aus der anwaltlichen Abmahnung zu erstatten.
Deren Höhe ist jedoch noch nicht klar, da über den vom Landgericht bestimmten Streitwert der Unterlassungsansprüche, der zuletzt vom Amtsgericht auf 12.000 € taxiert worden war, soweit ich bisher richtig informiert bin, noch nicht abschließend entschieden ist.
Beantragt hatte ich die Erstattung der für die Abmahnung der Klägerin dem Widerkläger „entstandenen Anwaltskosten in gesetzlicher Höhe, mindestens jedoch 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 2.500 € zzgl. Auslagenpauschale von 20 € und 19 % Umsatzsteuer“, weil ich nach dem Hin und Her mit dem Streitwert diesen als schwierig zu beurteilen und noch offen ansah.

Die Begründung bleibt nun abzuwarten, aber wir hatten im Wesentlichen vorgetragen, eine Nutzung der e-mail Adresse ist datenschutzrechtlich unzulässig und daher ein Persönlichkeitsverletzung. Es sei noch schlimmer als Spam, wenn die angebliche Anmeldung wie hier nicht verifiziert worden ist, da sie von jedermann eingegeben werden kann und den Verbraucher die massiven Inkassoschreiben erheblich belästigen und verunsichern. Zudem ist es ein Betrugsversuch. Dies hatten über 5.000 Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegen die Klägerin und ein Strafverfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs und anschließende Verurteilung des alleinigen Gesellschafters der IContent GmbH (dort allerdings wegen anderer Webseiten) ja auch bestätigt. Außerdem machten wir geltend, sei es unzulässig, Forderungen geltend zu machen, die dem Gläubiger selbst nicht plausibel sein können und dies ist bei der Anmeldung unter outlets.de in 2010 der Fall. Denn der Kostenhinweis ist und war zu sehr versteckt, sodaß die Kostenpflicht für jeden Anmelder überraschend war. Auch das Landgericht bestätigte in der mündlichen Verhandlung, dass kein Vertrag unter diesen Umständen zustandegekommen wäre.

Zudem ist die Inaussichtstellung eines negativen Schufa-Eintrages nach § 28a BDSG „bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen“ unzulässig, wenn die Anmeldung strittig ist und die Anmeldung auch nicht verifiziert wurde und außerdem eine nicht bestehende Forderung angemahnt wird, die mangels klarem Kostenhinweis und erst recht mangels Verifizierung unter keinen Umständen der Klägerin hätte selbst plausibel erscheinen können.

Nachdem die Button-Lösung am 1.8.2012 in Kraft getreten ist (§ 316g Abs. 3 BGB), hat outlets.de zwar zunächst einmal ihre Anmeldeseite deaktiviert, aber diese war bis zuletzt unverändert online, sodaß noch unklar ist, wie diese nun weiter vorgeht.

Ich denke, da die Möglichkeit einer negative Feststellungsklage gegen Abofallen diese aus vielen Gründen wohl nicht effektiv bekämpft, und auch Strafverfolgung meist zu langsam ist, ist es gut und richtig, mit der Abmahnung und Zubilligung von unmittelbaren Unterlassungsansprüchen Verbrauchern effektiv zu helfen, die Opfer eines solchen Abofallen-E-Mail-Stalkings werden. Zwar hat die Button-Lösung bereits erste Wirkungen gezeigt. Aber – und hiermit ist wohl der Widerstand der Klägerin zu erklären – es bleiben noch viele Schlupflöcher, mit denen auch in Zukunft die gewerbliche Nutzlosbranche erfolgreich Verbraucher das Geld aus der Tasche ziehen wird. Zumindest in dem Fall, in dem ohne Absenden der Anmeldung bzw. ohne Verifizierung des Anmelders gemahnt wird, bestätigte nun das Landgericht Frankfurt einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch des Verbrauchers, wenn er sich gar nicht angemeldet hatte. Dies ist eine Fallgruppe, die nach Einführung der sog. Button-Lösung für die Abofallenbetreiber umso wichtiger geworden ist.
Ein abmahnfähiger und gerichtlich durchsetzbarer Abwehranspruch des Verbrauchers wäre hier für Abofallen dann besonders teuer, da sie nicht wissen, wem welche e-mail Adresse gehört und dies nicht wie bei der negativen Feststellungsklage im Einzelfall gütlich beilegen können, sondern bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung dann Gefahr laufen würden, teure Vertragsstrafen an angemahnte Verbraucher zahlen zu müssen, wenn ihnen gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben worden ist. Darum kam auch keine gütliche Einigung oder Erledigung in diesem Streit zustande. Dies hätte eine zumindest ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aber verbindlich abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung vorausgesetzt.

Datenverstöße dürfen sich für sie also nicht rechnen und dürfen nicht zu neuen Mahnungen der Kostenfallenbetreiber führen, um den Button „kostenpflichtig bestellen“ dann erst recht argumentativ gegen den Verbraucher zu verwenden.

Zu den Folgen der Button-Lösung gibt es nun auch einen interessanten aktuellen Beitrag von Dr. Michael Müller: „Die „Button“-Lösung gegen Kostenfallen im Internet-Ende gut, alles gut?“ in der Zeitschrift K&R 2012, 791ff, der sich mit diesen „neuen Geschäftsmodellen“ und ihrer juristischen und praktischen Beurteilung näher beschäftigt. Wie auch der Verfasser in seinem Fazit konstatiert, ist das eigentliche Problem, daß bisher Verbraucher sich gegen die Abofallen nicht effektiv gerichtlich zur Wehr setzen konnten.

Nun bleiben die schriftlichen Urteilsgründe für die Einzelheiten abzuwarten und ist damit zu rechnen, dass die Klägerin in Berufung geht.

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Datenschutzrecht

AG Frankfurt: Streitwert Untersagung von e-mail Stalking durch Abofalle 12.000 €

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 30.08.2012 – 32 C 3093/10 (41) – den vorläufigen Unterlassungsstreitwert der Widerklage eines Verbrauchers gegen einen Internetdienstleister, der als Abofalle mit der Seite outlets.de bekannt geworden ist, angehoben und an das Landgericht Frankfurt abgegeben. (update Das OLG Frankfurt hat später auf die Berufung der Klägerin in diesem Verfahren den Streitwert von 12.000 € wieder auf 3.000 € heruntergesetzt mit dem Hinweis, bei der Unterlassung der Zusendung von e-mails an einen Verbraucher sei dies der übliche Streitwert – siehe Urteil des OLG Frankfurt). Mit dem Unterlassungsantrag begehrte der beklagte Verbraucher widerklagend, der Klägerin (Betreiberin der Internetseite) zu untersagen, seine E-Mail-Adresse ohne seine Einwilligung zu nutzen, insbesondere ihm per e-mail Zahlungsaufforderungen zu übersenden, ohne eine vermeintliche Anmeldung und seine e-mail Adresse verifiziert zu haben und ihm hierbei einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht zu stellen. Der Verbraucher hatte versichert, dass er sich nicht angemeldet hatte, auch passte die IP-Adresse nicht zu seinem Wohnort und auch nach Widerspruch blieb die Klägerin bei ihren Behauptungen einer vermeintlichen Forderung, obwohl die e-mail Adresse nicht verifiziert worden war. Er will dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, dass die Nutzung einer e-mail vorher einer Einwilligung bedarf oder eben eine Internetbestellung nachweislich vom Inhaber der e-mail Adresse veranlasst sein muß, Geltung verschaffen. Dies war aber bei ihm nicht der Fall. Er wurde darüber getäuscht, dass tatsächlich kein Schufa-Eintrag drohte, weil für die bekannte Abofalle kein Rechtsanwalt und kein Inkassobüro einen negativen Schufa Eintrag veranlasssen kann. Einen solchen Eintrag können nur Schufa-Mitglieder, also deren Vertragspartner, veranlassen und die Schufa AG nimmt keine Mitglieder auf, die Inkasso für betrügerisch vorgehende Vertragsfallenbetreiber tätig sind. Daher kann unter keinen Umständen die Androhung, „bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen“ einen negativen Schufa Eintrag vornehmen zu lassen, von berechtigten Interessen geleitet sein.

Nachdem der berüchtigte Internetdienstleister negative Feststellungsklage wegen vom Verbraucher geltend gemachter Schadenersatzkosten wie Hotline und Fahrtkosten geltend gemacht hat, wollte der Verbraucher den „Spiess umdrehen“ und hat nach fruchtloser anwaltlicher Abmahnung wegen Unterlassung Widerklage erhoben auf Unterlassung und Kostenerstattung. Der Beschluß vom 11.4.2012, bei dem der Streitwert der Widerklage noch auf 4.000 € gesetzt wurde, ist damit nach Dezernatswechsel abgeändert worden. Wir sind gespannt, wie das Verfahren am Landgericht Frankfurt weitergeht.
Interessant ist hier, dass die Klägerin unbeirrt vortragen läßt, sie sei keine Abofalle, obwohl eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten den Betreibern klar gemacht haben müßte, dass die Anmeldeseite keinen klaren Kostenhinweis enthält und die Seite dennoch nicht geändert wurde. Auffällig ist auch, dass die Betreiber trotz Inkrafttreten des neuen § 612g Abs.3 BGB am 1.8.2012 immer noch keinen klaren Bestell-Button „kostenpflichtig bestellen“ oder ähnlich auf seiner Anmeldeseite eingerichtet hat. Nachdem es anerkannt ist, dass ein Unterlassungsanspruch für unerlaubte e-mail Werbung gegeben ist, müsste erst recht ein solcher bei untergeschobenen Verträgen und Mahnungen mit solchen Forderungen, die der Absender selbst nicht für plausibel halten darf, per e-mail gelten. Wir sind also gespannt und für weiterhelfende Hinweise anderer „Leidensgenossen“ von Abofallenstalking dankbar.