Kategorien
Blogroll Datenschutzrecht Internetrecht IT-Strafrecht Schadenersatzrecht Schadensrecht Uncategorized

Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und Arrest der Einnahmen in Sachen Abmahnwelle Google Fonts

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin bei dem Anwalt und dessen Mandant des angeblichen Vereins “IG Datenschutz”, die mit serienmäßigen Abmahnschreiben in diesem Jahr für viel Aufregung gesorgt haben, Durchsuchungen wegen des Verdachts des gewerblichen Betruges durchgeführt und Beweise gesichert. Hierbei hat die Generalstaatsanwaltschaft Einnahmen aus dem vermutlichen Betrug in Höhe von 346.000 Euro im Wege des Arrests nach der Strafprozessordnung sichergestellt.

Zwar war der dynamische Einsatz von Google Fonts auf vielen Seiten tatsächlich ein Datenschutzverstoß, aber wenn wie hier die Abmahner die Seiten bewusst mit dem Ziel aufsuchen oder mittels eines Webcrawlers scannen lassen, um hiermit Einnahmen aus den serienmäßigen Zahlungsaufforderungen zu generieren, bestehen die behaupteten Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nicht, sondern handelt es sich um Betrug bzw. bei denen, die nichts gezahlt haben um versuchten Betrug und ferner zivilrechtlich um einen Eingriff in den Gewerbebetrieb, der seinerseits schadenersatzpflichtig ist. Hier war mutmasslich “der Datenschutz” wie leider so oft offenbar von diesen Abmahnern nur mißbraucht worden, was ich als Datenschützerin sehr bedaure. Dies ist also nicht mit dem Thema zu verwechseln, dass Webseitenbetreiber sich ihre Dienstleister gut aussuchen sollten und diese ausreichend prüfen und kontrollieren sollten, um solche vermeidbaren Datenschutzverstöße zu vermeiden. Letztlich wünschen sich auch Ihre Kunden vertrauenswürdige Anbieter, die mit ihren personenbezogenen Daten verantwortlich und rechtskonform umgehen. Es ist also wichtig, dass Betrüger und unzuverlässige Dienstleister keinen Erfolg haben und zur Verantwortung gezogen werden.

Pünktlich zu Weihnachten sind damit die Gelder aus der Abmahnwelle noch gesichert worden :-). Nähere Details finden sich in der Pressemeldung der Generalstaatsanwaltschaft.

Kategorien
Blogroll Datenschutzrecht Internetrecht Schadenersatzrecht Schadensrecht

Handlungsempfehlungen aus Anlass der DSGVO-Abmahnwelle wegen Google Fonts

Handlungsempfehlungen zum richtigen Umgang mit den #Abmahnungen wegen Google #Webfonts #DSGVO #Webseitenchecks #Abmahnwelle

Hintergrund: Webfonts sind Schriften, die für Webseiten entweder lokal auf den eigenen Webservern gespeichert sind oder dynamisch bei Google, Adobe oder anderen Anbietern kostenlos abgerufen werden können. Letzteres ist eindeutig nicht vereinbar mit der DSGVO und § 25 TTDSG (dem deutschen Datenschutzgesetz für Webseitenbetreiber), weil dann beim Aufruf der Seite die Google Schriften von den dortigen Servern nachgeladen werden und hiermit personenbezogene Nutzerdaten unbefugt an Google gesendet werden. Seit Juni 2022 versenden einige Abmahner mit oder ohne Anwalt Aufforderungsschreiben an Firmen und Vereine, die eine Webseite betreiben und Google Dienste ohne Zustimmung des Nutzers bei Aufruf der Seite nachladen. Auslöser war ein Urteil des Landgerichts München, das einem Nutzer 100 Euro Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO zugesprochen hat wegen datenschutzrechtswidrigem Nachladen von Google Diensten wie Webfonts von den Google Servern bei Aufruf der Webseite des beklagten Unternehmens. Dadurch werden Nutzerdaten wie die IP-Adresse und weitere Profildaten an die Google Server in die USA zum Abruf der dort gespeicherten Schriften nachgeladen. Dies ist nach Art. 5, 6 DSGVO i.V.m. § 25 TTDSG nicht zulässig, weil diese dynamische Einbindung der Schriften nicht technisch notwendig ist und Google zu großen Mengen an Daten darüber liefert, welche Nutzer wann welche Seiten im Internet aufgerufen haben. Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Abmahner auch vor Gericht Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Baden Baden eingelegt haben und vor dem Landgericht Mosbach ein Klage auf Auskunft, Unterlassung und Schadenersatz eingereicht haben. Es ist also ab kommenden Jahr mit weiteren Gerichtsverfahren zu rechnen.

Sind die Abmahnungen berechtigt?:

Die meisten sind es nicht, aber eine verbindliche Einschätzung kann ich nur in Ihrem individuellen Einzelfall treffen. Bei den massenweise versendeten Abmahnungen einzelner Auftraggeber ist ein redlicher Anspruch jedenfalls hinsichtlich des Schadenersatzbegehrens nicht anzunehmen. [ update 22.12.2022: Inzwischen hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts des Betruges im Falle der Abmahnwelle des Berliner Anwaltes L. zu Google Fonts im Auftrag der “IG Datenschutz” Hausdurchsuchungen durchgeführt und 346.000 Euro sichergestellt. Siehe Beitrag dazu hier ]

Aber der Nachweis des vorsätzlichen Rechtsmissbrauchs ist erfahrungsgemäß vor Gericht nicht einfach. Die Gerichte haben bei vergangenen Abmahnwellen oft argumentiert, viele Rechtsverletzungen erfordern viele Abmahnungen und die Pflicht zur Einhaltung lässt sich nicht wegdiskutieren. Zwar sind Abmahnungen dieser Art dann rechtsmissbräuchlich, wenn die Nutzer gezielt mit einem Webcrawler Webseiten aufsuchen, um die Betreiber zur Zahlung von Schadenersatz aufzufordern. Zeitungsartikel mit Berichten über #Abmahnwellen sind jedoch vor Gericht kein Beweismittel für die automatisierten Scans und die massenweise Versendung durch die gleiche Person. Zudem können Verbraucher ihre Ansprüche an Inkassodienstleister abtreten, damit diese gebündelt Schadenersatzforderungen durchsetzen können – das hat der Bundesgerichtshof zu wenigermiete.de und anläßlich anderer Sammelklagen in Verbrauchersachen entschieden.

Wenn aber ein einzelner Betroffener gezielt in gewerblichem Umfang massenweise Webseiten aufsuchen lässt, nur um den Schadenersatz als Einnahmen massenweise einzufordern, wird ein Rechtsmißbrauch anzunehmen sein. Denn dann geht es den Abmahnern nicht um die Wahrnehmung ihrer Rechte auf informationelle Selbstbestimmung nach der DSGVO, sondern um ein Geschäftsmodell zur Generierung von Einnahmen. Dies ist nach § 242 BGB rechtsmißbräuchlich und dürfte einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Seitenbetreibers sein. Deshalb sollten Sie den geforderten Schadenersatz – selbst wenn es „nur“ 170 Euro sind – nicht an die abmahnende Anwaltskanzlei bezahlen, sondern helfen, Beweise für die massenhafte Versendung durch einen Webcrawler zu sichern. Lassen Sie sich durch diese Bagatellbeträge nicht in die Irre führen, denn die Abmahner sammeln wahrscheinlich massenweise Gelder ein und werden wahrscheinlich auch klagen. Das haben andere Abmahnwellen nach meiner anwaltlichen Erfahrung im Bereich Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht in den letzten Jahren gezeigt.

Handlungsempfehlungen:

1. Werfen Sie das Abmahnschreiben mit Umschlag und den Anlagen nicht weg, sondern geben Sie es lieber mir. Die Beweise für die massenweise Versendung sollten gesammelt werden, weil eine Klagewelle in den nächsten Jahren wahrscheinlich ist. Gerne können Sie mir mißbräuchliche Abmahnschreiben zum Sammeln der Beweise des Rechtsmißbrauchs der Abmahner vorsorglich für den Fall einer späteren Klage kostenlos an info@it-fachanwaeltin.de oder an meine Kanzleiadresse zusenden. Meine Postadresse finden Sie hier Kontakt Kanzlei Stefanie Hagendorff. Ich bin anwaltlich zur Verschwiegenheit verpflichtet und verwende die Daten nur, um anhand der anonymisierten Daten für den Fall einer Klagewelle vor Gericht für die späteren Beklagten Parteien mit Aussicht auf Erfolg nachweisen zu können, ob der Kläger einen Webcrawler verwendet hat und deshalb mißbräuchlich vorgegangen ist.

2. Falls die Schreiben auch Auskunftsverlangen enthalten, ist Vorsicht geboten. Dann ist anwaltlicher Rat sinnvoll. Hierzu berate ich Sie gerne, denn ein falscher Umgang mit den Auskunftsersuchen kann das Risiko einer Schadenersatzklage unnötig erhöhen.

3. Lassen Sie Ihre Webseite von einem geeigneten IT-Sicherheitsdienstleister überprüfen und scannen. Senden Sie die Prüfberichte Ihrem Webdesigner mit der Bitte, diese Datenschutzverstöße zu beheben. Falls hoffentlich kein Verstoss feststellbar ist, dokumentieren Sie auch diese Scans zu Ihrer Entlastung (Stichwort Beweissicherung und Rechenschaftspflicht) und archivieren Sie diese in Ihrem Ordner für das Datenschutzmanagement. Die regelmäßige Kontrolle ist auch unter IT-Sicherheitsaspekten in Ihrem eigenen Interesse. Fragen Sie Ihre Webagentur oder wenden sich an geeignete IT-Dienstleister, die professionelle IT-Schwachstellenanalysen und Google Webfont Scans einschließlich aller Unterseiten erstellen und Hilfe bei der Analyse etwaigen Handlungsbedarfs und Fehlerbeschreibung für den Fachmann diesbezüglich anbieten, z.B. locaterisk.com, https://sicher3.de/ https://54gradsoftware.de/blog/google-fonts-checker oder https://dr-dsgvo.de/webseiten-check/

4. Falls die gegnerische Anwaltskanzlei oder ein Betroffener eine DSGVO-Auskunft verlangt und behauptet, der Auftraggeber habe zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten IP-Adresse Ihre Webseite aufgerufen, können Sie auf die hoffentlich korrekte Datenschutzerklärung verweisen, da Sie den Nutzer ja in der Regel nicht identifizieren können und daher keine individuelle Auskunft möglich ist bzw. nur eine sogenannte Negativauskunft. Achten Sie darauf, dass Logfiles über die Zugriffe auf Ihre Webseite nur solange gespeichert werden wie nötig; das sind nicht 30 Tage oder länger, sondern maximal 7 Tage. Logfiles mit den Protokolldaten, die bei Aufruf der Webseite kurz gespeichert werden, um den Dienst zu erbringen und aus Gründen der IT-Sicherheit und Funktionsfähigkeit Fehler der Website zu analysieren und ggfs. abzuwehren, dürfen nur eine kurze Zeit für diese Zwecke gespeichert werden und müssen danach automatisch gelöscht werden. Anderes gilt nur, wenn Vorfälle dokumentiert werden und ausgewertet werden müssen, damit keine unbemerkten Angreifer in Ihre IT-Systeme eindringen und Accounts übernehmen.

5. Bitte keine Checkboxen mit einer „Einwilligung in Datenschutzbestimmungen“. Häufig ist auch die Datenschutzerklärung nicht korrekt oder es werden fälschlicherweise Checkboxen zur „Einwilligung“ in die „Datenschutzbestimmungen“ bei Kontaktformularen verwendet. Das ist nicht ratsam und sollten Sie ändern. Die Datenschutzhinweise werden sonst Bestandteil von AGB und das ist für Sie als Unternehmen in dem Fall nicht gut. Denn die Datenschutzhinweise müssen ohne Zustimmung der Nutzer jeweils bei Bedarf aktualisiert werden und stellen nur Pflichtinformationen dar, keine AGB.

6. Ohne Zustimmung aktivierte Cookies und falsch eingebundene Cookie-Banner: Klar, die Cookie-Banner sind nervig. Aber Jammern hilft nichts. Entgegen der insoweit eindeutigen Rechtslage nach Art. 5, 6 DSGVO i.V.m. § 25 TTDSG werden auf vielen Webseiten in der Datenschutzerklärung bei Aufruf der Webseite Cookies auf Basis einer Interessenabwägung gesetzt, ohne danach zu unterscheiden, ob sie technisch unbedingt notwendig sind oder nur für statistische und Marketingzwecke oder Mediendienste erwünscht. Der Nutzer muss jedoch die Wahl haben und eine informierte Zustimmung in Marketing-Cookies zu erteilen oder die Möglichkeit haben, diese abzulehnen oder Details abzurufen und auch die Änderungen seiner Zustimmung zu speichern. Nach insoweit gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die nicht unbedingt notwendigen Cookies oder sonstigen Tracker nur mit einer freiwilligen, informierten vorherigen Zustimmung des Nutzers erlaubt.

Fazit: Typische Fehler dieser Art führen zu Abmahnungen und dies wird künftig auch zunehmen, daher sollten Sie die Verstöße auf Ihrer Webseite beheben und sich auf mögliche Klagewellen vorbereiten. Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts München kann jeder Nutzer (also nicht ein Webcrawler, der im Auftrag mißbräuchlicher Abmahner, die Webseiten scannt nur um Schadenersatzansprüche zu „generieren“) 100 Euro immateriellen Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO vom Webseitenbetreiber verlangen. Die Tendenz der anderen Gerichte ist noch nicht eindeutig, aber immer mehr Gerichte sprechen immateriellen Schadenersatz zu, um die effektive Durchsetzung der Datenschutzvorschriften im Interesse der Betroffenen zu erreichen. Das Urteil des Landgerichts München hat Serienabmahnungen wie aktuell z.B. diejenigen des Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin im Auftrag von M. I. aus H. und anderer Abmahner ausgelöst, die voraussichtlich nach der Taktik der Abmahner auch zu Klagen führen wird. Auch wenn es lästig ist, also nicht einfach nur in die Tonne treten, sondern sich auf künftige Abmahnwellen oder Klagen vorbereiten und der Community helfen mit gutem Austausch der Informationen.

7. Oft finden Betroffene oder Abmahner noch weitere Fehler in der Datenschutzerklärung z.B. das Fehlen des Hinweises auf das Recht des Betroffenen, bei einem Datenschutzverstoß eine Beschwerde nach Art. 12 DSGVO bei einer Aufsichtsbehörde nach Art. 77 DSGVO einzureichen.

8. Gewerbetreibende oder Freiberufler mit zulassungspflichtigen Berufen, machen auch häufig Fehler bei den Pflichtangaben im Impressum. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 TMG müssen bei Berufen, die wie z.B. bei Heilpraktikern oder einem Elektromeister entsprechende Dienstleistungen nur mit einem Befähigungsnachweis einer gesetzlich zuständigen Stelle wie etwa Gesundheitsamt oder Handwerkskammer angeboten werden dürfen, weitere Angaben machen. Es ist die für Sie zuständige Aufsichtsbehörde oder Stelle anzugeben, also etwa Handwerkskammer oder Innung oder Gesundheitsamt mit den Kontaktdaten, die gesetzliche Berufsbezeichnung und der Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist und die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und Links zu den Vorschriften, denen der Anbieter für diesen Beruf unterliegt. https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__5.html

Ich hoffe, die Tipps helfen Ihnen weiter. Wenn ich Ihnen mit einem rechtlichen Webseitencheck helfen soll (DSGVO, Urheber- und Markenrecht, Wettbewerbsrecht…), Vertragsprüfungen, Haftung der Webagentur oder Sie weitere Fragen zum Thema haben, schreiben Sie mir gerne dazu eine Nachricht oder sprechen Sie mich an. Herzliche Grüße Stefanie Hagendorff, Rechtsanwältin und Fachanwältin für IT-Recht Kontakt

Kategorien
Blogroll Datenschutzrecht Uncategorized Verbraucherschutz Werberecht Wettbewerbs- und Werberecht Wettbewerbsrecht

Gesetz zur Bekämpfung von Abmahnmissbrauch beschlossen

Der Bundestag hat am 10. September 2020 das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ in der vom Bundesrat geänderten Fassung beschlossen und verfolgt damit das Ziel, Selbständige und kleine Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern besser vor mißbräuchlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen rein formalen, aber nicht erheblich spürbaren Bagatellverstößen zu schützen. Nachdem das Gesetz nur kleine Unternehmen und nicht auch mittlere Unternehmen hinsichtlich der Definition der kleinen Unternehmen auf die Empfehlung der EU-Kommission Aktenzeichen K(2003) 1422 verweist, werden jedoch bei den sonstigen Verstößen gegen die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mittlere KMU mit mehr als 249 Mitarbeitern und Großunternehmen nicht in den Genuss kommen, die Erstattung der Anwaltskosten künftig aufgrund dieser Privelegierung verweigern zu dürfen, wenn sie berechtigter Weise wegen Verstößen gegen die DSGVO von einem Wettbewerber oder Verbraucherverband bzw. abmahnenden Wettbewerbsverein abgemahnt werden. Die Praxis hat jedoch in den vergangenen Jahren gezeigt, dass missbräuchliche Abmahnungen vor allem die Selbständigen und Kleine Unternehmen treffen, die sich eine fachanwaltliche Rechtsberatung oft nicht oder nur sehr eingeschränkt leisten können.
Wichtige Änderungen sind insbesondere folgende:
– Die Anforderungen an eine wirksame Abmahnung und damit auch Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten bzw. der Abmahnpauschale bei Abmahnvereinen werden deutlich erhöht.
– Qualifizierte Vereine und Wirtschaftsverbände, die nach ihren satzungsmäßigen Aufgaben neben einer individuellen wettbewerblichen Beratung ihrer Mitglieder auch zur Förderung eines fairen Wettbewerbs abmahnen, müssen künftig nach § 8a UWG in der neuen Fassung seit mindestens 1 Jahr in einer beim Bundesamt für Justiz geführten Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände geführt werden, die in der jeweils aktuellen Fassung im Internet abrufbar ist (ähnlich der bisher bereits dort geführten Liste qualifzierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 2 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG).
– Das Bundesamt für Justiz soll künftig regelmäßig oder bei Beschwerden, die Anlass zu begründeten zweifeln geben, die Seriosität der qualifizierten Einrichtungen überprüfen und mit Zwangsgeld und Bußgeldern die schwarzen Schafe unter diesen Einrichtungen zur Einhaltung der Vorschriften zwingen können.
– Die Indizien einer missbräuchlichen Abmahnung, die die Rechtsprechung bereits entwickelt hat, werden in § 8b Abs. 2 UWG kodifiziert. Es sind solche, die den Wettbewerbsverstoß nur vorgeben, um Aufwendungsersatz oder von Kosten der Rechtsverfolgung zu erzielen oder im Anschluss nach Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrags bei schwer zu verhindernden oder fahrlässig erneut auftretenden Zuwiderhandlungen Einnahmen durch Forderung einer unangemessen hohen Vertragsstrafe zu erzielen.
– Ähnlich wie das bereits bei Abmahnungen im Urheberrecht der Fall ist wird nun auch im UWG ein Gegenanspruch auf Erstattung der Anwaltskosten der Abwehr missbräuchlich ausgesprochener Abmahnungen geschaffen.
– Gerichtsstand ist nicht wie bisher ein fliegender nach § 32 ZPO, sondern nach dem künftigen § 14 Abs. 2 UWG soll künftig am Gerichtsstand des Beklagten geklagt werden. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, soll auch das Gericht zuständig sein, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde (gemeint ist damit so wie in § 32 ZPO wohl Handlungs- oder Erfolgsort). In der Praxis war es bisher so, dass sich die Antragsteller bzw. Kläger sich bevorzugt an die Gerichte gewendet haben, bei denen sie bereits eine Ihnen zugeneigte Rechtssprechungspraxis gezeigt hat und das Gericht war zudem häufig weit entfernt vom Sitz des Abgemahnten, was die Verteidigungsaussichten und Kosten der Verteidigung deutlich abgesenkt hatte. Viele Rechtsanwälte, die ihren Tätigkeitsschwerpunkt im Wettbewerbsrecht haben, beklagen nun, dass dadurch künftig auch Richter, die mit der Materie nicht vertraut sind, vermutlich weniger gute Urteile treffen werden. Umso wichtiger wird es also künftig, fachkundige Rechtsanwälte im Falle von UWG-Streitigkeiten einzuschalten, die einen Rechtsstreit helfen zu vermeiden und die Sache außergerichtlich erledigen oder falls das nicht klappt und vor Gericht gestritten werden muss, den zuständigen Richtern die Sach- und Rechtslage möglichst gut erläutern und vortragen.
– Der Designschutz für Ersatzteile bei komplexen Bauteilen z.B. Kotflügel bei Fahrzeugen soll künftig ausgeschlossen sein, damit auch Wettbewerber diese Ersatzteile anbieten können.
Bewertung:
Das Ziel, missbräuchliche Abmahnungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren, wird vermutlich erreicht werden. Es wird weniger Abmahnungen geben. Aber gerade auch durch die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes steigt das Risiko auch für die lauteren Marktteilnehmer, die sich gegen Verletzungen wehren wollen, vor Gericht bei der Auslegung der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe auf einen Richter zu stoßen, der eine andere Meinung vertritt, und dadurch wird sich auch für rechtstreue Unternehmen das Prozesskostenrisiko deutlich erhöhen und insoweit werden mittlere und große Unternehmen nunmehr stärker durch kleine unlautere Wettbewerber beeinträchtigt werden, die sich durch unlautere Werbemethoden einen Vorsprung durch Rechtsbruch verschaffen können. Beispielsweise bei den Abmahnungen wegen Verletzungen der DSGVO sind viele Fragen noch gar nicht gerichtlich geklärt oder umstritten, weil die DSGVO erst seit Mai 2018 in Kraft und anzuwenden ist. Die Einhaltung der DSGVO und deren praktische Umsetzung ist jedoch wegen vieler noch nicht gerichtlich geklärter Fragen zur richtigen Auslegung der DSGVO und Problemen der praktischen Umsetzbarkeit schwierig und oft aufwendig. Ob diese Beschränkungen bei der Abmahnung von Wettbewerbern also den fairen Wettbewerb und Verbraucherschutz so unbedingt in allen Branchen stärkt, ist fraglich.
Unter dem Strich, gerade auch wegen der Beschränkung des Design- und Markenschutzes für Ersatzteile ist dies jedoch ein zu begrüßendes Gesetz, das nicht nur kleine Unternehmen entlastet, sonderen auch den Verbrauchern hinsichtlich der Preise auf dem Ersatzteilmarkt zugute kommen wird. Vielleicht werden nun auch die Startups z.B. mit 3D-Druckern einen Hype für Ersatzbauteile für Kühlschränke, Fahrzeuge und Haushaltsgeräte erleben. Das wird gerade auch die KMU, die Ersatzteile herstellen und vertreiben und daran bisher wegen des Designschutzes bei den sichtbaren Ersatzteilen gehindert waren und Verbraucher freuen.

Die Pressemeldung des Bundestages vom 10. September 2020 mit den Details und Gesetzestexten finden Sie hier.

Kategorien
Internetrecht Uncategorized Wettbewerbs- und Werberecht

#Abmahnwelle #UWG: Ist die Ostsee Pension aus Grömitz mit Ferienwohnungen im Allgäu im Wettbewerb?

Mir liegt eine Abmahnung der Kanzlei Both Michaelis Dr. Grote und Klaper aus Grömitz vor, die  im Auftrag der Ostsee Pension Rann aus Grömitz derzeit Vermieter von Ferienwohnungen im Allgäu (Bayern) abmahnen. Es wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung der Kostennote in Höhe von 651,80 € gefordert.  Nach Informationen des Tourismusverbandes Hörnerdörfer (www.fischen.de)  liegen bereits einige Beschwerden und Anfragen betroffener Vermieter vor, sodass der Tourismusverband bereits Vermieter vor einer neuen Abmahnwelle bzgl. der Preisangabe zur Endreinigung warnt. Auch die Kanzlei Hild & Kollegen meldet inzwischen einen weitere analoge Abmahnung. Die Indizien sprechen dafür, daß es sich um mißbräuchliche Vielfachabmahnungen handelt, die ohne eine konkrete eigene Sachbefugnis ausgesprochen werden.

Zwar ist es richtig, dass in der separaten Aufführung der obligatorischen Kosten der Endreinigung ein Verstoß gegen die PAngV gesehen wird, da alle obligatorischen Preisbestandteile im Endpreis einzurechnen und dieser in der Preisliste anzugeben ist. Ferienwohnungs- und Pensionsbetreiber sollten unbedingt diese Vorgaben beachten, um Abmahnungen zu vermeiden, insbesondere, dass unbedingt alle obligatorischen Kosten und auch solche wie Endreinigung eingerechnet sein müssen und somit bei dem Angebot der Wohnungen/Appartments/Ferienzimmer  jeweils der Endpreis für die entsprechende Saison angegeben werden muss. Nähere Informationen zur Werbung mit Preisen bei Ferienwohnungen und Appartments finden die Vermieter z.B. beim Deutschen Tourismusverband.

Aber es ist in dem Abmahnschreiben weder dargelegt noch ersichtlich, warum die abmahnende Pension an der Ostsee sich konkret mit Ferienwohnungsinhabern im Allgäu in einem Preiswettbewerb sieht. Schließlich ist der Urlaub an der See etwas gänzlich anderes als ein Urlaub im Allgäu, sodass wohl kaum die gleichen Urlauber bzw. Interessenten angesprochen werden. Es ist daher mangels konkreter Sachbefugnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 UWG) zweifelhaft, ob der geltend gemachte Unterlassungs- und Zahlungsanspruch besteht. Zudem sind Mitbewerber nur dann berechtigt, abmahnen zu lassen, wenn sie spürbar in ihren konkreten Interessen beeinträchtigt werden, insbesondere zumindest teilweise die gleichen potenziellen Kundenkreise angesprochen werden, damit das Instrument der Abmahnung nicht zweckwidrig zur Generierung von Abmahngebühren mißbraucht wird.  So hat etwa sogar bei zwei 61km entfernten Getränkemärkten wegen der nur sehr lokalen Kundenkreise von Getränke-Abholmärkten das OLG Hamm bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2004 eine konkrete Sachbefugnis und damit einen Wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch des klagenden weiter entfernten Getränke-Abholmarktes abgelehnt.

Betroffene Vermieter, die ebenfalls Abmahnschreiben im Auftrag der Ostsee Pension Rann aus Grömitz (Inhaber Annegret und Thorsten Rann GbR) erhalten, sollten daher rechtzeitig anwaltlichen Rat einholen, die strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ohne Modifizierungen mit anwaltlicher Beratung unterzeichnen und nicht die geforderte Kostennote der Rechtsanwälte der Ostsee Pension in Höhe 651,80 € bezahlen.