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DSGVO-Schadenersatzklagen nach Datenpanne gegen Verantwortliche nicht rechtsmissbräuchlich

update 24.11.2022: In dem hier berichteten Verfahren ist weiterhin ein Berufungsverfahren vor dem OLG Frankfurt anhängig und haben wir zusätzlich auch die Auftragsverarbeiter mitverklagt. Da es ungewöhnlich (aber mangels korrekter identifizierender Auskunft über die Namen der Serviceprovider nicht von uns verschuldet ist), dass jetzt erst die Auftragsverarbeiter in Berufung mit verklagt wurden, hat die Gegenseite sich vor allem erst mal auf Zulässigkeitsfragen und Fragen der Darlegungs- und Beweislast berufen. Es gab noch keine Entscheidung. Ich habe Förderung des Verfahrens angemahnt im Juni und nunmehr am 5.11.2022 die Verzögerungsrüge nach § 198 GVG erheben müssen, damit das Land notfalls haftet, weil leider das Gericht das Verfahren verzögert. Ich hoffe, das Verfahren wird nun endlich vom Gericht pflichtgemäß betrieben und werde bei Neuigkeiten von allgemeinem Interesse berichten. #Die Mühlen der Justiz mahlen langsam aber meistens gründlich.

Ich schrieb Ende 2020: Ich habe am 19.11.2020 mit meinem Mandanten einen Termin vor dem Landgericht Frankfurt wahrgenommen, in dem es um eine Klage wegen unzureichender Auskunft nach Art. 15 DSGVO und Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO gegen die Mastercard Europe SA (mit Sitz in Waterloo, Belgien) ging, die im Sommer 2019 im Rahmen ihres Bonusprogramms Mastercard Priceless Specials eine Datenpanne erlitt. Der Kläger wirft der Beklagten vor, die Pflicht zur Auskunft über die Empfänger nicht konkret erfüllt zu haben, denn nach den bisherigen Informationen war Ursache des Hacks ein leicht zu erratendes Standardpasswort eines Administrators der Plattform für das Bonusprogramm. Das bedeutet, dass pflichtgemäße Penetration Tests, die nach den branchentypischen Sicherheitsstandards (Payment Card Industry Data Security Standards -PCI DSS v.3.2.1 vom Mai 2018) alle 6 Monate hätten stattfinden müssen, die Datenpanne höchstwahrscheinlich verhindert hätten. Die Beklagte hat diese jedoch nicht konkret dargelegt und unter Beweis gestellt. Auch bleibt unklar, wer eigentlich die Vertragspartner und Betreiber des Bonusprogramms waren. Wenn die Muttergesellschaft aus den USA den Dienstleister ausgesucht und unzureichend kontrolliert hat, wäre dies ebenfalls eine Schadensursache, die auf DSGVO Verstößen beruht, weil die DSGVO sowohl die Auslagerung auf eine US-amerikanische Mutter unter dem Vorbehalt einer Rechtsgrundlage und geeigneter Garantien für dieses Outsourcing unterwirft und nach Art. 28 DSGVO der Dienstleister, der personenbezogene Daten verarbeitet, hinreichend schriftlich verpflichtet und kontrolliert wurde.
Die Beklagte hat sich hier u.a. damit verteidigt, die Klage sei rechtsmißbräuchlich, man müsse die Auftragsverarbeiter nicht konkret benennen, und nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln habe der Kläger zu beweisen, durch welche Pflichtverstöße konkret die Schäden verursacht seien. Der Artikel 82 Abs. 3 DSGVO sei nicht so wörtlich zu nehmen, wenn dort stehe, dass der Verantwortliche nur von einer Haftung frei kommt, wenn er nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Schaden verantwortlich ist. Ferner seien die Schäden wie der Kontrollverlust über die Risiken für den Kläger nach Meldung der Datenpanne und Veröffentlichung in einer großen Datenbank, die Besorgnis über Identitätsdiebstahl, Profilbildung zum Nachteil des Betroffenen, die Spamnachrichten und Spamanrufe kein ersatzfähiger Schaden. Demgegenüber hatte der Kläger argumentiert: Bei der Produkthaftung oder in Filesharing-Fällen hat die Rechtsprechung ebenfalls die Anforderungen an die Darlegung und Beweislast zu Lasten desjenigen, der die Gefahrenquelle beherrscht, verschoben, daher ist das nicht systemwidrig, sondern erforderlich, um dem Datenschutz wirksam zur Geltung zu verhelfen und die DSGVO normiert klar, dass die Betroffenenrechte wie Auskunft und Schadenersatz wirksam sein müssen und hierbei auch ein immaterieller Schadenersatz z.B. für den Kontrollverlust über seine personenbezogenen Daten bei einer Datenpanne vorsieht.
Den Argumenten der Verteidigung stimmte die erkennende Richterin nach Anhörung des Klägers zu den Spamanrufen und Diskussion in einigen Punkten ausdrücklich nicht zu. Zum einen sei es für sie ganz klar nicht rechtsmißbräuchlich, wenn Betroffene nach einer Datenpanne und Veröffentlichung von Kundendatenbanken ihre Rechte auf Auskunft und Schadenersatz gegen die Verantwortlichen nach der DSGVO geltend machen und sie verstehe nicht, warum denn nicht die Mastercard Europe SA wenigstens pauschal ein Friedensangebot in Höhe von z.B. 150 Euro Entschädigung gemacht habe. Belästigende Spamanrufe, die unmittelbar nach der Veröffentlichung einsetzten und erst vor ca. 3 Monaten wieder aufhörten, scheinen doch recht klar im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Kundendatenbanken aus dem streitgegenständlichen Mastercard Priceless Specials Programm zu stehen und die Beklagte war für die Sicherheit des Bonusprogramms verantwortlich. Ob auch die beantragte Enschädigung für die 950 Coins, die der Kläger ebenfalls in Höhe von 1 Euro je Coin geltend macht, weil inzwischen im Gegensatz zu den Angeboten bekannter Marken vor der Datenpanne nur noch recht wertlose Einlösemöglichkeiten von unbekannten Anbietern angeboten werden, ist noch ungewiss. Wie genau das Gericht entscheiden wird, wird spannend.
Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist am 18.01.2021.

Update 03.02.2021: Das Landgericht hat in dieser Sache die Klage – wie ich finde zu Unrecht – abgewiesen, der Beklagte beabsichtigt dagegen Berufung einzulegen. Volltext des Urteils siehe hier.

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IT-Strafrecht Uncategorized Urheberrecht

#Haftung Dritter bei illegalem #Filesharing geschützter Werke von Angehörigen

BGH: Kind muß namentlich benannt werden, wenn Vater/Mutter Name des Täters bekannt wird.
Nach einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes hat er heute am 30.03.2017 entschieden, daß der abgemahnte Anschlussinhaber, der wegen unerlaubter Veröffentlichung von geschützten Werken in einer Internettauschbörse (also P2P-Netzwerk, bittorrent-Netzwerk u.ä.) auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, bei einem Familienanschluss mit mehreren möglichen Angehörigen als Täter (hier Familie mit drei Kindern), dann den Namen des Kindes angeben muss, wenn er im Rahmen zumutbarer Nachforschungen den Namen des Täters erfahren hat (BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 – Loud).
Meine Meinung: Das Urteil ist verfassungswidrig. Es widerspricht dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag der Familie (Art. 6 GG), weil nach dieser Entscheidung zugunsten der besseren Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen der Rechteinhaber die Eltern ihr Kind wegen einer Straftat denunzieren sollen und es hoher Schadenersatzforderungen der Rechteinhaber aussetzen würden. Wie schon das Landgericht Frankfurt und LG Potsdam richtig entschieden haben, geht das zu weit und würde das Vertrauensverhältnis in der Familie nachhaltig untergraben werden, wenn Kinder (und ihre Eltern) dafür bestraft werden, dass sie ehrlich zu ihren Eltern sind. Eltern möchten ihre Kinder zur Ehrlichkeit erziehen. Gute Erziehung funktioniert nur mit Vertrauen, aber in dieses Erziehungsrecht würde das Gericht nachhaltig eingreifen, wenn dieses Urteil bestandskräftig würde.

Zur Reichweite der prozessualen Wahrheitspflicht des Abgemahnten und der Frage, ob er es unterlassen darf, wenn er zwischenzeitlich Kenntnis erlangt hat, wer der Täter ist, wenn es sich hierbei um einen Familienangehörigen handelt (§§ 138, 383, 384 ZPO) hatten nämlich mit ausführlicher Begründung bereits LG Potsdam und LG Frankfurt Stellung genommen:
Insoweit muß zur Verteidigung gegen eine Schadenersatzklage wegen Urheberrechtsverletzung der Abgemahnte nicht den Ehepartner oder Kinder namentlich als Täter benennen (vgl. ausführlich LG Potsdam Urteil vom 08.01.2015 Az. 2 O 252/14. Hierzu verweise ich auch auf LG Frankfut (2-3 O 152/12):

„Die Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO der Partei endet dort, wo sie gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfGE 56, 37, juris-Rn. 19; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 138 ZPO Rn. 24; Thomas/Putzo/Reichhold § 138 ZPO Rn. 7). Hier hätte sich der Beklagte, dem im einstweiligen Verfügungsverfahren das öffentliche Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Musiktitel vorgeworfen wurde, bei dem von der Klägerin gewünschten aufklärenden Vortrag der Gefahr einer strafrechlichen Verfolgung nach §§ 106 Abs. 1, 15 Abs. 2, 19a UrhG ausgesetzt. Eine entsprechende Wahrheitspflicht bestand daher nicht“ Entsprechendes dürfte im Hinblick auf die Schutzpflicht des Staates für die Familie gem. Art 6 GG und aufgrund der Rechtsgedanken in §§ 383, 384 ZPO auch für den Fall gelten, dass der Beklagte im Nachhinein Kenntnis erlangt hat, dass ein Familienangehöriger die tat begangen hat und hier eben dürfte daher seine Wahrheitspflicht nicht so weitreichen, dass er diesen Familienangehörigen einer Straftat bezichtigen muß, um sich selbst als Beklagten zu verteidigen.

Fazit: Nachdem leider aber nun der BGH als höheres Gericht anders entschieden hat, gilt: Soweit der Name des Täters dem Beklagten bekannt wird, muß der Beklagte/die Beklagte ihn bekanntgeben, auch wenn es das eigene Kind oder ein sonstiger naher Angehöriger ist, der sich in der Familie anvertraut hat.

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Blogroll Internetrecht Werberecht Wettbewerbs- und Werberecht Wettbewerbsrecht

#Rechtsirrtümer #Internetrecht: Disclaimer wie „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“

Es ist leider ein häufiger Irrtum von gewerblichen Webseitenbetreibern und ihren Webdesignern, dass Disclaimer helfen, Abmahnungen zu vermeiden. Das Gegenteil ist mitunter der Fall. Unter dem Link “Disclaimer” oder im Impressum werden mitunter Haftungsausschlussklauseln auf Webseiten untergebracht, die teilweise schlicht die Rechtslage belehrend darstellen oder noch schlimmer nachteilige Klauseln enthalten, also mehr schaden als helfen. Der Irrtum hierbei ist, dass diese potenzielle Abmahner animieren sollen, vorher anzurufen, ohne eine Beweissicherung zu tätigen und der Webseitenbetreiber dann die Rechtsverletzung beseitigt und eine Kostenerstattung für die Abmahnung verweigert. Das funktioniert nur, wenn der Abmahner sich nicht vorher anwaltlich beraten lässt für den Webseitenbetreiber, der den Abmahner in einem Recht verletzt. Es hilft also nicht, wenn der Abmahner vorher eine Beweissicherung macht, dann abmant und im Streitfall gerichtlich vorgeht, weil aus Sicht des Gerichts der Disclaimer dann den Schluss bedingten Vorsatzes aus dem Disclaimer zieht. Soweit Sie nur die Rechtslage darstellen, ist es unschädlich (wenn auch eher langweilig und eigentlich juristisch nutzlos), können Disclaimer im günstigsten Fall als nutzloser Balast bezeichnet werden. Soweit sie teilweise sogar falsch sind (z.B. die Rechtslage sich geändert hat oder durch aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen überholt sind), ist es zwar nachvollziehbar, wenn ein Unternehmer eventuellen Störenfrieden sinngemäß mitteilen möchte, man solle doch bei einer (behaupteten) Rechtsverletzung keinen Anwalt einschalten, sondern erst mal sprechen…, damit der Verstoß entfernt wird. Aber im Streitfall können Sie schaden, weil Gerichte oft daraus schließen, dass ein solcher Disclaimer “Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt” oder ähnlich den verletzten Wettbewerber ggfs. von der nötigen Beweissicherung abhalten sollen und im Streitfall dem abmahnenden Wettbewerber oder auf Antrag damit befassten Richter zeigen, dass da jemand bösgläubig ist, weil er Rechtsverletzungen billigend in Kauf nimmt, anstatt sich zu bemühen, sich rechtskonform zu verhalten. Zudem verlangt das Recht ausdrücklich von einem Wettberber, der sich gegen eine ihn beeinträchtigende Rechtsverletzung seiner Konkurrenten zur Wehr setzen möchte, daß der andere vor einem Rechtsstreit abgemahnt wird, d.h. die Rüge sachlich und juristisch hinreichend konkret erklärt wird und ihm ein Weg gezeigt wird, wie und bis wann die Streitigkeit ohne Gericht gütlich beigelegt werden kann. Der Gesetzeswortlaut dazu lautet:

„§ 12 UWG
Anspruchsdurchsetzung, Veröffentlichungsbefugnis, Streitwertminderung

(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden…..“

Es ist daher davon abzuraten Disclaimer wie den Folgenden oder Ähnliche zu verwenden wie dieser, die schlicht falsch und juristisch schädlich für den Webseitenbetreiber sind:

Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt!
Sollte der Inhalt oder die Gestaltung einzelner Seiten oder Teile dieser Internetseite Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzen oder anderweitig in irgendeiner Form wettbewerbsrechtliche Verstöße beinhalten, so bitte ich unter Berufung auf § 8 Abs. 4 UWG, um eine angemessene, ausführlich erläuternde und schnelle Nachricht ohne Kostennote.

Ich garantiere, dass die zu Recht beanstandete Seite oder Teile dieser Internetseite in angemessener Frist entfernt wird, bzw. den rechtlichen Vorgaben umfänglich angepasst wird, ohne dass von Ihrer Seite die Einschaltung eines Rechtsbeistandes erforderlich ist.

Die Einschaltung eines Anwaltes, zur für den Diensteanbieter kostenpflichtigen Abmahnung, entspricht nicht dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen und würde damit einen Verstoß gegen § 13 Abs. 5 UWG, wegen der Verfolgung sachfremder Ziele als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung, insbesondere einer Kostenerzielungsabsicht als eigentliche Triebfeder, sowie einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellen….“

Häufige Fragen dazu (FAQs):

  • „Warum gibt es solche Disclaimer trotzdem häufig?“ Antwort: Ohne keinen Kläger kein Richter, aber wer eine Abmahnung bekommt, der hat nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG bei einer berechtigten anwaltlichen Abmahnung in der Regel die (je nach Streitwert hohen) gesetzlichen Anwaltsgebühren des abmahnenden Auftraggebers zu tragen. Diese sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt und betragen in solchen wettbewerblichen Angelegenheiten häufig über 1.000 €. Wenn der abgemahnte Webseitenbetreiber nicht fristgemäß reagiert, kommen häufig noch die Gerichts- und Anwaltskosten einer einstweiligen Verfügung dazu, d.h. einer gerichtlichen Anordnung, die im Eilverfahren in der Regel ohne Anhörung des abgemahnten Antragsgegners ergeht. Der Abgemahnte ist also auch dann, wenn die Abmahnung nicht berechtigt sein sollte, taktisch im Nachteil, da auch dann, wenn ein Widerspruch eingelegt wird, erst mal die einstweilige Verfügung nach Zustellung gültig ist und eingehalten werden muß und die Kostenrechnung des Gerichts binnen 2 Wochen bezahlt werden muss.
  • „Häufige Frage: Warum finde ich dazu keine Gerichtsentscheidungen: Antwort: Einstweilige Verfügungen ergehen in der Regel ohne Begründung. Es wird Ihnen meist nur der Antragsschriftsatz des Anwalts mit den Anlagen beigefügt, der die Begründung enthält und der versichert, dass vorher fruchtlos abgemahnt wurde. Solange die beantragte einstweilige Verfügung nicht Änderungen der Unterlassungsverpflichtungen enthält, ist das in Eilfällen ständige Praxis. (update 2021:)Nur bei Änderungen des Antrags im Vergleich zur vorherigen Abmahnung muss das Gericht nach aktuellen Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen den Antragsgegner vorher anhören bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme geben oder bei einer Ablehnung der Abmahnung mit Begründung diese Antwort zur Kenntnis nehmen.
  • „Häufige Frage: Die Abmahnung wurde mir aber nur per einfacher Post zugestellt. Kann ich nicht erst mal einfach die Webseite ändern und warten, ob die wegen der Anwaltskosten und der Unterlassungserklärung tatsächlich klagen?“
    Antwort: Nach ständiger Rechtssprechung muß für das Ziel, die Wiederholungsgefahr eines erneuten Verstoßes rechtsverbindlich zu beseitigen, die Abmahnung nur nachweislich abgesendet worden sein und muß der (vermeintliche oder tatsächliche) Rechtsverletzer, der abgemahnt wurde, Umstände beweisen, die den Richter glauben lassen, dass die Abmahnung nicht richtig angekommen ist. Beim Schadenersatz mag das anders sein, für die einstweilige Unterlassungsverfügung spielt es daher keine Rolle, wenn die Abmahnung nur telefonisch, per E-mail, per Fax oder einfacher Post kommt.
  • “Häufige Frage”: Sagen Anwälte sowas nicht nur deshalb, weil sie an Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten verdienen und der Disclaimer doch nur sagen will, wenn ich auf einen Verstoß hingewiesen werde, entferne ich ihn sofort?
    Antwort: Nein, sofern der Auftraggeber nicht lediglich aus sachfremden Gründen abmahnen läßt, sondern ernsthaft seine Rechte verfolgt, ist es legitim, wenn der Anwalt für die Rechtsverfolgung Sorge trägt, da dies aufwendig sein kann und der Anwalt hierfür seine Gebühren verdient, denn sonst müsste ja der Verletzte die Kosten tragen, anstatt der für die Rechtsverletzung verantwortliche. Dies wird im Streitfall auch von jedem Richter, der froh ist, wenn Anwälte den Rechtsstreit außergerichtlich erledigen, so bestätigt, weil es legitim ist, dass Rechtsanwälte für ihre Arbeit und das hart erarbeitete Know How bezahlt werden. Im Übrigen hat der Richter sich an das Gesetz zu halten. Nach der § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung sind Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege. Solange keine Beweise dafür vorliegen, dass der Anwalt und sein Auftraggeber das Instrument der Abmahnung mißbrauchen, ist die Abwehr bei reinen Vermutungen eines Mißbrauchs daher häufig schwierig.

Fazit: Disclaimer oder sonstige rechtliche Texte auf der Webseite nicht vom Webdesigner erstellen lassen, sondern (in einfachen Fällen) anwaltlich geprüfte Generatoren verwenden oder anwaltlich prüfen lassen. Denn das Ziel hier rechtliche Kosten zu sparen, geht spätestens dann, wenn die Maßnahme einem Wettbewerber auffällt und spürb ar dadurch geschäftlich beeinträchtigt ist, geht das „nach hinten los“ und wird umso teurer. Denn der Webdesigner, erst recht, wenn es nur ein Familienangehöriger war, der bei der Erstellung der Webseite geholfen und den Disclaimer eingefügt hat, haftet in der Regel nicht dafür, da er für die Rechtsberatung nicht zuständig ist und der Unternehmer das hätte wissen müssen. Wer Disclaimer wie oben einfach von anderen verwendet, sollte sie daher lieber löschen (lassen). Im Übrigen passiert aber natürlich nichts, wenn die Webseite keinen Anlass zu Beanstandungen bietet oder kein Wettbewerber und kein sonstiger Abmahnbefugter sich daran ernsthaft stört, daher haben sogar auch große Unternehmen jahrelang solche Disclaimer verwendet, ohne dass es Ihnen geschadet hatte.

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LG Bonn: Schadenersatz wegen einer im Spam Ordner übersehenen Mail

Unternehmer sollten täglich Ihre e-mail-Konten, die sie in ihrer Aussenwerbung verwenden, kontrollieren und dabei nicht den Spam Ordner vergessen.

Das Landgericht Bonn hat (LG Bonn, Urteil v. 10.1.2014, Az. 15 O 189/13) einen Rechtsanwalt zu 90.000 Euro Schadenersatz verurteilt, weil er eine e-mail mit einem Vergleichsangebot eines Gegners übersehen und daher zu spät an den Mandanten weitergeleitet hatte und dadurch ein Vergleich nicht zustandekam. Der Beklagte hatte eingewendet, er habe die e-mail im Spam Ordner erst einige Tage nach Erhalt gefunden, da er den Spam Ordner nicht täglich kontrolliere.

Das sah das Landgericht als pflichtwidrig an. Unternehmer müssen e-mail-Konten, die sie im geschäftlichen Verkehr als Kontaktmöglichkeit anbieten, täglich kontrollieren, so die Richter.

Der Rechtsanwalt duerfte sicherlich eine berufliche Vermögensschadenshaftpflichtversicherung haben, aber das ist trotzdem hart. Umgekehrt ist es sicherlich richtig, dass sich bei einer e-mail, die ein Unternehmer auf der Webseite im Impressum oder auf dem Kopfbogen veröffentlicht, für eine verbindliche Kommunikation wegfallen würde, wenn sich der Empfänger damit rausreden könnte, dass er unangenehme Mitteilungen nicht erhalten habe, weil sie im Spam-Ordner gelandet sei.

Da der Absender einer e-mail keinen Einfluss darauf hat, ob seine e-mail im Spam Ordner landet, sondern die Provider die Spam Filter danach automatisiert einstellen, bei welchen e-mail Adressen andere Empfänger häufig die Zusendung von “Spam” gemeldet haben, ist die Entscheidung zwar vertretbar, aber wohl in der praktischen Auswirkung, gerade für Kleinunternehmen, die Betriebsferien machen, doch recht hart. Zudem fragt es sich, ob ein Spam Filter im geschäftlichen Bereich hier überhaupt noch sinnvoll ist.

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OLG Frankfurt Urt. vom 30.09.2013: Abmahnung gegen Internetdienstleister, der unbefugt per e-mail mahnt, ist rechtskräftig

   

Update 26.11.2013: Das erfreuliche Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 30.09.2013 Az. 1 U 314/12 entschieden, dass die IContent GmbH als  damalige Betreiberin der Abofalle outlets.de (inzwischen Webtains GmbH) bei einem  untergeschobenen Vertrag verpflichtet ist, es zu unterlassen, einen vermeintlichen Kunden per e-mail zu kontaktieren, insbesondere ihn zu mahnen und einen negativen Schufa-Eintrag in Aussicht zu stellen, ohne den Vertragsschluss verifiziert zu haben. Damit hat der betroffene Verbraucher mit seiner Widerklage  schließlich Erfolg gehabt.  Ein Gegenangriff ist in solchen Fällen also die beste Verteidigung! Lassen Sie Unternehmer abmahnen, wenn Sie die Bestellung bzw. „Anmeldung“ nicht zu verantworten haben und trotzdem per e-mail mit untergeschobenen Verträgen und Zahlungsaufforderungen belästigt werden! Wehren Sie sich so, dass Sie den Spiess umdrehen und lassen Sie anwaltlich das Unternehmen abmahnen, wenn es seine Pflichten nicht erfüllt und Ihnen unzulässigerweise Stress macht!

Die Unternehmen dürfen Verbraucher oder andere Gewerbetreibende nicht mit Rechnungen und Mahnungen oder sogar der Inaussichtstellung eines negativen Schufa-Eintrags belästigen und bedrohen, wenn die Online-Bestellung nicht verifiziert ist oder wenigstens der Aktivierungslink in der automatischen Mail für die Bestätigung der Bestellung nicht betätigt wurde. Hierbei enstehen nach anwaltlicher Abmahnung dem Unternehmen, das trotzdem Rechnungen versendet dann allein aufgrund der anwaltlichen  Abmahnung bereits Kosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aus einem Unterlassungsstreitwert von 3.000 €! (Bei neuen Aufträgen nach dem 1.8.2013 sind das inzwischen nach der neuen Rechtsanwaltsvergütungsverordnung dann 334,75 €).

Das interessante Urteil ist hier im Volltext verfügbar: OLG Frankfurt Urteil vom 30-09-2013 Unterlassung e-mails

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OLG Karlsruhe: [Urheberrecht und Internet] 5.100 € Vertragsstrafe wegen fahrlässigem Verstoß gegen strafbewehrte Unterlassungserklärung

Wer wegen unberechtigter Veröffentlichung eines Fotos auf seiner Internetseite abgemahnt wurde und dann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben mußte, lebt gefährlich und sollte sich Mühe geben, vor der abzugebenden strafbewehrten Unterlassungserklärung das Foto nicht nur von der beanstandeten Webseite zu entfernen, sondern auch jede sonstige Veröffentlichung, etwa auf weiteren Drittseiten, die er ursprünglich veranlasst hatte, etwa bei Bildersuchmaschinen, Internetarchiven und sonstigen Portalen zu unterbinden. Das mußte nun auch ein Abgemahnter erfahren, der fahrlässigerweise das Foto auf die Abmahnung nur von seiner eigenen Webseite entfernt hatte, aber nicht nachweisen konnte, sich auch um die Entfernung der Kopien dieser Veröffentlichung auf weiteren Unterseiten oder Seiten Dritter gekümmert zu haben. Über einen längeren Link war die Veröffentlichung mit dem Foto immer noch im Internet abrufbar.

Er wurde deshalb auf Klage des Rechteinhabers (hier der Fotograf) vom LG Karlsruhe zu einer Vertragsstrafe von 5.100 € nebst Anwaltskostenerstattung verurteilt. Seine Berufung hiergegen hatte keinen Erfolg, denn das OLG Karlsruhe bestätigte diese Entscheidung (Volltext hier OLG Karlsruhe Urteil vom 3.12.2012, 6 U 92/11).

Wer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben muß, sollte sich anwaltlich beraten lassen und bedenken, dass diese 30 Jahre gilt und insbesondere für den Bereich von Urheberrechtsverletzungen im Internet die Gerichte verlangen, dass alles Mögliche getan wird, um die unberechtigte Veröffentlichung auch auf Drittseiten entfernen zu lassen und diese Maßnahmen auch im Streitfall beweissicher dokumentiert werden.

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BGH Urteil im Fall “Morpheus”: Eltern haften nicht für 13jährigen Sohn, der heimlich illegal Musik über Tauschbörsen lädt

….. jedenfalls dann nicht, wenn sie das Kind pflichtgemäß vorher über die Gefahren im Internet belehrt haben und dabei auch das Verbot ausgesprochen haben, kommerzielle Filme oder Musik in Tauschbörsen “kostenlos” herunterzuladen und darauf hingewiesen haben, dass solche Tauschbörsen so funktionieren, dass automatisch offensichtlich ohne Zustimmung der Rechteinhaber Dritte das Werk laden können und damit eine rechtswidrige Veröffentlichung begangen wird, die teure Abmahnungen zur Folge haben kann. Damit hat der BGH ein Machtwort gesprochen gegenüber dem Landgericht Köln, das Eltern eines 13jährigen verurteilt hatte zur Zahlung von rund 5.000 € und darüber hinaus zur Zahlung der Prozesskosten.

Als Begründung hatten die Richter in Köln angeführt, die Eltern hätten das Kind überwachen müssen. Das war zu weitgehend und dies hat nun der I. Senat des BGH laut Pressemitteilung mit Urteil am 15.11.2012 klargestellt. Eine effektive Kontrolle ist weder praktisch in den Familien möglich und greift zu sehr in das Erziehungsrecht der Eltern ein. Diese Entscheidung sorgt nun für viel Wirbel, weil viele Familien in Deutschland hiervon betroffen sind und zum Teil eine existenzielle Bedrohung wegen hoher Forderungen ausgesetzt waren und die Abmahnkanzleien auch mit der Rückendeckung der Gerichte leider oft kurze Fristen gesetzt haben.

Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet wegen Veröffentlichung von Filmen, Musikalben usw. im Internet war es bislang so, dass die Kläger sich die Gerichte ausgesucht haben, die viel zu weitgehende Anforderungen an die Eltern gestellt haben, damit ist jetzt endlich Schluss.

Leider liegt aber das Urteil noch nicht vor, sondern nur die Pressemitteilung des BGH, sodass viele Einzelfragen noch nicht entschieden sind.
Die Pressemeldung ist aber schon mal sehr erfreulich:
BGH Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus e

Wir dürfen uns also merken, es ist nun entschieden, dass Eltern nicht zur Überwachung ihres 13jährigen Sohns verpflichtet sind und daher nicht haften, wenn dieser heimlich eine Software herunterlädt und Musik oder Filme damit über eine Tauschbörse für Dritte veröffentlicht. Sie als Eltern müssen und sollten aber beweissicher die Kinder vorher belehren. Weitergehende Maßnahmen im Hinblick auf andere Gefahren aus dem Internet für die Kinder sind zwar sinnvoll und für Eltern zum Schutze der kinder sinnvoll, können aber nicht von der Musik- und Filmindustrie oder sogar Pornoindustrie dazu pervertiert werden, deren kommerzielle Interessen in einem unzumutbaren Ausmass auf dem Rücken und auf Kosten der Familien auszutragen.

Für jene die es genauer wissen wollen:

Eine Überwachungspflicht besteht nicht, weil diese zu sehr in das Vertrauensverhältnis die Erziehung der Kinder eingreift. Aufgrund der technischen Möglichkeiten ist es ohnehin für Eltern praktisch nicht möglich, die Kinder ohne eine unzumutbare völlige Kontrolle zu überwachen, daher besteht keine Haftung, wenn die Eltern das Kind über die Gefahren belehrt haben und von den heimlichen Verletzungen des Verbots noch nichts gemerkt haben und auch sonst nicht darauf aufmerksam werden mussten.

Sicherlich ist es im Rahmen der Erziehung wichtig, zu schauen, was die Kinder im Internet machen und mit ihnen darüber zu sprechen und so auf eine sinnvolle, legale Nutzung einzuwirken, aber eine totale Kontrolle kann von den Musiklabels und der Filmindustrie nicht gefordert werden, da dies zu sehr in die Belange der Familie und Erziehung der Eltern eingreift und zudem die Haftungsgefahren für Eltern und Kinder untragbar macht – zumal die Nutzung des Internets und neuer Medien durch Kinder wichtig ist für die Aus- und Fortbildung und Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten. Eine Überwachungspflicht ist lebensfern, da der Umgang mit dem Internet von den Kindern erlernt werden muß und eine Überwachung zu sehr in die Erziehung und in das Vertrauensverhältnis mit dem Kind eingreift, zumal eine effektive Kontrolle ohnehin nicht möglich und zumutbar ist auf der anderen Seite aber gerade die Internetnutzung zur Teilnahme an der Infomationsgesellschaft wichtig ist.

Zu empfehlen ist auch, den Kindern legale Alternativen zum Musikhören im Internet aufzuzeigen. Eine gute, aber nicht erschöpfende Übersicht gibt es jetzt z.B. bei techfacts.de

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, sodass noch viele Detailfragen offen sind, aber das Urteil gibt ein wichtiges Signal in die richtige Richtung.
Weiter wünschenswert wäre die Klärung, dass die Abmahnkanzleien nicht als nächstes die Kinder abmahnen können, nach dem Motto, ein Urteil oder sonstiger Titel wie ein Vollstreckungsbescheid sind dann ja 30 Jahre gültig. Leider gab es aber die ersten Abmahnungen gegenüber Kindern und Jugendlichen, nachdem sich Vater oder Mutter unter Hinweis auf fehlende Überwachungspflichten verteidigt hatten. Grundsätzlich ist zwar nach § 828 BGB eine Verantwortlichkeit auch von Jugendlichen vorgesehen. Eine solche Vorgehensweise der Musik- und Filmindustrie gegenüber Kindern und Jugendlichen wäre jedoch nicht tragbar. Das BGB aus dem 19. Jahrhundert hat diese Problematik noch nicht geregelt, also hoffen wir mal, auch die Amtsrichter in München, wo alle Abmahnkanzleien am liebsten bisher nach § 32 ZPO klagten, erkennen das Signal aus Karlsruhe. Jedenfalls werden die Richter in München sich nach dem BGH-Urteil umstellen müssen.

Wenn also in künftigen Fällen Kinder und Jugendliche abgemahnt werden, sollten Sie Ihre Kinder schützen und sollte hiergegen vorgegangen werden und müssen eben notfalls obergerichtlich oder durch den Gesetzgeber die Haftungsgrundsätze vernünftig festgelegt werden, denn sicherlich kann es nicht sein, dass Schüler wegen Urhberrechtsverletzungen, deren Ausmass sie altersgemäß regelmäßig nicht verstehen, dann Schulden von mehreren Tausend Euro haben, bevor sie überhaupt einen Job haben. Dies ist zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzung eben nicht erforderlich, da gäbe es nach dem Warnschussmodell andere Wege.
Die Entscheidung des BGH erkämpft hat der Kollege Rechtsanwalt Solmecke aus Köln, der dankenswerter Weise hierüber berichtet.