Kategorien
Blogroll Digitale Produkte e-Learning Fernunterricht Uncategorized Vertragsrecht

Fragebogen für die rechtliche Prüfung eines Coaching-Business mit Zielgruppe in Deutschland

Fragenkatalog für Coaching oder sonstige E-Learning Anbieter (Due Diligence):

Sind Sie ein eingetragenes Unternehmen in Deutschland oder wenn nicht, wo sitzt es dann und wo ist es registriert?
Ist der Firmenname und Produktname einschließlich der Social Media Accounts und Domains markenrechtlich geprüft und verletzt keine Rechte Dritter? Haben Sie eine registrierte Marke für die genutzten Namen und Domains mit Schutzrechtserstreckung auf Deutschland z.B. EU-Marke, IR-Marke oder DE-Marke beim Deutschen Marken- und Patentamt?
Haben Sie deutsche Kunden?
Sind Ihre Kunden
a) private Kunden, die ihr Einkommen als Arbeitnehmer, Studenten über Stipendien / Zuschüsse oder als Rentner bestreiten (B2C), oder
b) Existenzgründer oder
c) Unternehmer mit Mitarbeitern?
Welche Art von Online-Kursen bieten Sie an? Beziehen sich diese nur auf den Freizeitbereich oder berufliche Fähigkeiten und Lerninhalte?
Haben Sie alle Lizenzen für die genutzten Daten zum Betrieb Ihrer Online-Kurse von den Lieferanten und dem verwendeten Content?
Zur Frage, ob Sie eine Zulassung benötigten sind viele Fragen zu prüfen. Haben Sie eine Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht (zfu.de) nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz?
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Online-Kurse / Dienstleistungen / digitalen Produkte den weiteren geltenden rechtlichen Anforderungen entsprechen und begrenzen die Haftung?
Handelt es sich
a) überwiegend um individuelle Beratungs- und Coaching-Leistungen (persönliche Gespräche z.B. Live Calls, Webinare, sonstige Möglichkeiten individuell auf Fragen des Teilnehmers unmittelbar einzugehen wie etwa bei Chatsupport)
oder lernen die Teilnehmer
b) überwiegend an abrufbaren Inhalten wie abrufbare Videos, Hörbücher, Texten und (virtueller) Trainingsumgebung?

Verfügen Sie über eine Datenschutzrichtlinie und halten Sie sich an die geltenden Datenschutzgesetze? Haben Sie ein Datenschutzmanagementsystem und sorgt Ihr Management dafür, dass ein Dokumentenmanagement vorhanden ist, und die verantwortlichen im Unternehmen die Umsetzung überwachen und dokumentieren? Werden die Mitarbeiter regelmäßig und adäquat geschult? Wie behandeln Sie personenbezogene Daten Ihrer Kunden und Teilnehmer?
Sind die nötigen Lizenzen für die verwendeten Texte und Daten vorhanden?
Wie gehen Sie mit Urheberrechtsverletzungen in Ihren Online-Kursen um?
Bieten Sie eine Rückerstattung oder Garantie für Ihr Bildungsangebot an? Wenn ja, welche Bedingungen gelten dafür?
Haben Sie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) für Ihr Business? Wenn ja, welche Bedingungen enthalten sie?
Welche Preise und Zahlungsbedingungen bieten Sie an und welche Leistungsbeschreibung stellen Sie zur Verfügung?
Umgang mit Beschwerden: Wie gehen Sie mit Beschwerden und Streitigkeiten von Kunden um?

Hintergrund des Fragenkatalogs: Coaching-Anbieter oder sonstige E-Learning-Anbieter für berufliche Weiterbildungsangebote oder Zertifikatskurse für berufliche Qualifikationen sollten eine rechtliche Prüfung (Due-Diligence) und ggfs. Anpassung ihres Geschäftsmodells anwaltlich durchführen lassen. Das schließt die wichtigen Verträge unter den Gesellschaftern als auch mit Kunden und Geschäftspartnern ein. Ferner insbesondere auch ob die Bewerbung wettbewerbsrechtlich rechtskonform ist und ob Zulassungen und Lizenzen benötigt werden. Denn es kann sonst darin enden, dass die Kunden oder Teilnehmer erfolgreich den Vertrag auflösen und das Geld zurück verlangen oder Abmahnungen durch Verbraucher- oder Wettbewerbsverbände wie die Wettbewerbszentrale drohen.

Gerne helfe ich Ihnen weiter. Stellen Sie eine Anfrage mit Antworten zu Ihrem Fall und was ich für Sie tun kann.

Kategorien
Blogroll Digitale Produkte e-Learning Fernunterricht Verbraucherschutz Vertragsrecht

Anmerkung zum OLG Celle Urteil vom 1.3.2023 – ZFU-Zulassung auch beim B2B-Geschäft nötig

Was Anbieter im Bereich E-Learning und Online-Weiterbildungskursen zu den aktuellen Urteilen rund um das Fernunterrichtsgesetz und die Anwendung auch im B2B-Geschäft wissen sollten – eine Anmerkung für die Praxis. Es gab viel Aufregung, nachdem bereits einige Gerichte wie das Landgericht Hannover, Landgericht Stade und Landgericht Berlin Anfang 2023 und dann auch das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 01.03.2023 entschieden haben, dass auch Unternehmer und Selbständige geschützte Teilnehmer bei Fernunterricht im Sinne des § 1 Fernunterricht sind. Recht undifferenziert, gab es dazu viel irreführende Berichterstattung, weil die Branche spätestens seit Corona stark angewachsen ist, und hier “Coaching-Anbieter” betroffene Parteien waren und daher die Aufregung in der e-Learning und Coaching-Branche groß, weil doch Coaching im Normalfall eben gerade nicht Fernunterricht im Sinne des FernUSG darstellt. Aber die betroffenen zulassungspflichtigen Anbieter benötigen dann – egal ob inländische oder ausländische Anbieter – für die deutschen Teilnehmer eine Zulassung nach § 12 FernUSG.

Ohne diese ZFU-Zulassung ist ein Fernunterrichtsvertrag im Sinne des § 1 FernUSG sonst nach § 7 FernUSG nichtig. Irgendwelche kreativen Gestaltungen sind nach dem Gesetz unwirksam, z.B. Versuche, die Erfolgskontrolle mit der Zertifizierung des Teilnehmers auf andere Institute auszulagern. Das Geschäftsrisiko wird auch noch dadurch erhöht, dass Teilnehmer in solchen Fällen die bezahlte Vergütung zurückverlangen können und die zuständige Zentralstelle für Fernunterricht (zfu.de) ein Verfahren mit dem Ergebnis einer Unterlassungsverfügung und Ordnungsgeld einleiten kann. Die Ansprüche verjähren frühestens nach 3 Jahren. Kein Wunder also, dass Anbieter der e-Learning-Branche, die hier nicht vorbereitet sind, Rechtssicherheit benötigen.

In den Fällen der Entscheidungen scheint es aber jedenfalls so gewesen zu sein, dass sie nicht darauf geachtet haben, den Kurs, Unterricht oder Training mehr als 50 % synchron anzubieten.

Denn in beiden Entscheidungen haben nach dem Tatbestand des Gerichtes die Anbieter dazu nichts vorgetragen, ob nach der Werbung und Durchführung die Betreuung der Lehrenden überwiegend, also mehr als 50 % des Lernaufwandes des Teilnehmers gewesen sein sollte. Das kommt je nach Lernziel bei Standby-Betreuung von Trainingseinheiten in Betracht. Je nach Lerninhalt sind häufig Trainingseinheiten ein großer Anteil, sodass dort nur eine Standby-Betreuung Sinn macht und nach dem Schutzzweck des Fernunterrichtsgesetz kein Nachteil darstellt, denn diese Übungen und Betreuung hierfür wären auch im Falle eines Präsenzunterrichts nicht als Frontalunterricht oder Webinars die pädagogisch zielführende Unterrichtsform.

Inwieweit hier also die Anteile synchron und asynchron waren, wurde im Falle dieser Entscheidungen nicht weiter vertieft, weil anscheinend die Anbieter unseriös waren und sich das bei der Konzeption und Bewerbung des Angebots vorher zum Nachteil der Teilnehmer gar nicht richtig überlegt haben. Ob und wann eine Standby-Betreuung bei Trainings im virtuellen Raum oder sonstigen Übungen oder Livewebinare trotz der Bereitstellung von Aufzeichnungen als synchron angesehen werden können, ist hierbei noch nicht höchstrichterlich geklärt.

Es ist also keineswegs so, dass alle Online-Kurse nun alle zulassungspflichtig sind. Wenn Sie anwaltliche Hilfe zu diesem Thema benötigen, schicken Sie mir gerne eine Anfrage.

Kategorien
Blogroll Digitale Produkte e-Learning Fernunterricht Internetrecht Verbraucherschutz Vertragsrecht

Landgericht Berlin: Online-Lehrgang zum Fitnesstrainer ohne ZFU-Zulassung verboten

Achtung Vertragsfallen bei Online-Ausbildungen und Zertifikatskursen ohne Zulassung
In diesem Beitrag berichte ich über zwei aktuelle praxisrelevante Urteile im Bereich #e-Learning und #Online-Zertifikats-Lehrgänge. Online-Ausbildungen und Zertifikatslehrgänge (zu oft nicht anerkannten) Berufen wie „Transformationscoach“ oder „Fitnesstrainer“ haben in der Pandemie stark zugenommen und stellen für die Teilnehmer oft eine sehr erhebliche zeitliche und finanzielle Investition in ihre berufliche Karriere dar. Bitter für die Anbieter: Sie erhalten nicht nur auf Antrag etwa eines Teilnehmers, Wettbewerbers, einer Verbraucherzentrale oder der Aufsichtsbehörde (hier die ZFU.de) eine Untersagungsverfügung mit Kostenrechnung, sondern müssen den Teilnehmern auch das Geld zurück zahlen. Viele Teilnehmer sind hier zwar ihrer Rechte nicht bewusst. Es ist aber sowohl für die Anbieter als auch die Teilnehmer umso wichtiger, wenn Anbieter die rechtlichen und qualitativen Anforderungen einhalten, darüber Klarheit hergestellt wird und Teilnehmer vor unseriösen Anbietern effektiv geschützt werden. Deshalb ist Fernunterricht in vielen Fällen nach dem Fernunterrichtsgesetz (FernUSG) zulassungspflichtig und ist auf einen Vertrag zu achten, indem alle essentiellen Details klar geregelt sind. In zwei aktuellen Entscheidungen war das nicht der Fall.

1. Unterlassungsverfügung des Landgerichts Berlin gegen Online-Kurs zum Fitnesstrainer
Das Landgericht Berlin hat mit einer einstweiligen Unterlassungsverfügung vom 15.02.2022 auf Antrag der Wettbewerbszentrale einem Anbieter für einen Online-Lehrgang zum Fitnesstrainer verboten, diesen rein online stattfindenden Lehrgang ohne eine Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) anzubieten. Denn in dem Lehrgang war es möglich, Fragen zu stellen und er sollte zum Beruf des Fitnesstrainers ausbilden. Das stellte nach dem Landgericht einen zulassungspflichtigen Fernunterricht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) dar. Nach § 8 FernUSG sind Gestaltungen, mit denen die strengen Vorgaben an die Vertragsgestaltung und Zulassung bei der zuständigen ZFU umgangen werden, verboten. Die Regelungen sind zum Schutze der Teilnehmer weit auszulegen.
Die Entscheidung ist unter LG Berlin, Urteil vom 15.02.2022 – 102 O 42/21 – openJur im Volltext abrufbar.

2. Rechtswidrige Zertifikatskurse
Weitere Negativ-Beispiele aus meiner Praxis sind Anbieter, die mit einer sehr aggressiven Vertriebspraxis Unternehmer und Selbständige zur Buchung von hochpreisigen Lehrgängen zum „Verhandlungsexperten“ und „Zertifikatskurs“en über Social Media zu zunächst kostenlosen Workshops einladen – sei es online oder in Präsens- oder Hybridveranstaltungen –, um dann den von den Workshops begeisterten Interessenten über den telefonischen Vertrieb oder über Online-Formulare Verträge und „Zertifikatskurse“ zu horrenden Preisen zu verkaufen, deren Inhalt und Details nicht dokumentiert werden und oft rechtswidrig sind. Über wichtige Vertragsbestandteile wie Vertragspartner, Lehrgangsinhalte, Leistungspflichten, Preisbestandteile und Nebenkosten sowie Gesamtpreis, Kündigungs- und Widerrufsrechte und ähnliches sind in Textform vor Vertragsschluss zu informieren und die unseriösen Anbieter tun das nicht oder jedenfalls nicht in der vorgeschriebenen Form bzw. machen irreführende Angaben. Wenn die Teilnehmer dann nach der geleisteten Anzahlung feststellen, dass sie keinen dokumentierten Vertrag haben oder die Bestätigung einen anderen Inhalt hat als nach der Werbung gedacht, oder überraschend z.B. in eine „Probe-Mitgliedschaft“ in einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWIV) zugestimmt haben, die angeblich die Steuern zum Lehrgang ersparen soll, wird den meisten Teilnehmern klar, dass der Vertrag wohl nicht so ganz rechtskonform ist. Teilnehmer sind dann oft wegen der fehlenden oder irreführenden Vertragsgestaltungen unsicher, wie sie sich wehren können. Diesen Teilnehmern kann ich sagen: Lassen Sie sich nicht durch Drohungen einschüchtern, sondern kündigen Sie und widersprechen Sie in dokumentierter Form zeitnah diesen Vertragsfallen mit einer kurzen Begründung und senden Sie dies sowohl per E-mail als auch Einschreiben an die Anbieter. Holen Sie sich im Zweifel anwaltliche Hilfe, wenn der Anbieter Ihnen die Auflösung nicht bestätigt, sondern trotzdem Zahlungsaufforderungen und Inkassoschreiben sendet.

2. Praxistipp für Anbieter von Lehrgängen und Fernkursen: lassen Sie sich lieber vorbeugend anwaltlich beraten, ob und wie ihr Angebot zulassungspflichtig ist und den sonstigen Anforderungen entspricht, damit ihr Geschäftsmodell solide aufgestellt ist.

3.Praxistipp für die reingelegten Teilnehmer: Die Scham ist oft groß, wenn man feststellt, dass man sogar als intelligenter Mensch in so eine Falle getappt ist. Aber das ist nicht berechtigt, denn die Anbieter sind verschlagen und jeder hat mal einen schlechten Tag und macht Fehler. Kommen Sie aus so einem Vertrag wieder heraus oder müssen Sie die „Gebühren“ zahlen? Die Antwort ist wie immer: Ich denke, in vielen Fällen ja, aber es ist rechtlich unter anderem wegen der Beweisführung oft kompliziert und nicht eindeutig. Also: es kommt drauf an, lassen Sie es – wenn es um einen hohen Betrag geht – anwaltlich prüfen.

4. Wichtig ist dazu auch das zweite dazu ergangene Urteil des Landgericht Hannover: Auch Selbständige und Unternehmer können als Teilnehmer nach dem Fernunterrichtsgesetz unberechtigte Forderungen zurückweisen, wenn der Lehrgang nach dem Fernunterrichtsgesetz zulassungsbedürftig ist und der Anbieter die Zulassung nicht vorher eingeholt hat, so jedenfalls die Ansicht der ZFU, die z.B. vom Landgericht Hannover geteilt wird. Ohne die Zulassung ist ein insoweit zulassungspflichtiger Vertrag nach §§ 7, 12 FernUSG nichtig und darauf können sich auch Selbständige und Unternehmer berufen, so die Ansicht der ZFU, die aktuell auch vom Landgericht Hannover (Urteil vom 20.02.2023, Az.: 13 S 23/22) bestätigt wurde. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig und noch nicht höchstsrichterlich geklärt.

Auf Nachfrage erhielt ich dazu auch den Hinweis:
Zitat ——-„…

Aus ZFU-Sicht findet das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) auch auf Unternehmer im Sinne von § 14 BGB Anwendung.
Nach Auffassung des Gerichts ist der Begriff „Teilnehmer“ nicht auf Verbraucher in diesem Zusammenhang beschränkt. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion nicht gegeben. Hinweise auf eine planwidrige „Zuvielregelung“ des Gesetzes sind nicht ersichtlich. Der „Teilnehmende“ wird in ähnlicher Weise geschützt, wie ein Verbraucher (BeckOGK/Alexander, 1.11.2022, BGB § 13 Rn. 169.1; BeckOK BGB/Martens, 63. Ed. 1.8.2022, § 13, Rn. 19, beck-online), ohne Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sein zu müssen.
Nicht zuletzt trat das FernUSG bereits vor Einführung des Verbraucherbegriffs (im Sinne des § 13 BGB) in Kraft. Soweit in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 7/4245) vom Verbraucherschutz die Rede ist, schließt dies grundsätzlich nicht die Anwendung auf Unternehmer im Sinne des § 14 BGB aus, die im Hinblick auf die Vermittlung von Wissen der Sache nach auch Endverbraucher sind. Insoweit handelt es sich um Verbraucherschutzrecht im weiten Sinne (Tamm/Tonner/Brönneke, Verbraucherrecht, § 1 Verbraucherschutz und Privatautonomie Rn. 4, beck-online).
Im Übrigen hatte der Gesetzgeber aufgrund diverser Novellierungen die Gelegenheit, das FernUSG zu ändern. Diese Möglichkeit wurde nicht wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der vom FernUSG geschützte Personenkreis somit nicht eingegrenzt werden sollte, indem der Begriff „Teilnehmer“ durch den Begriff „Verbraucher“ ersetzt wird…

>“ ——Zitatende

5. Selbst wenn je nach Gestaltung des Angebots kein zulassungspflichtiger Fernunterricht nach § 1 FernUSG vorliegen sollte, kommen weitere Gründe je nach Einzelfall in Betracht, die eine Nichtigkeit begründen können oder dem Teilnehmer ein Widerrufs-/Anfechtungs- oder Kündigungsrecht nach dem BGB einräumen, sodass gegebenenfalls sogar die Anzahlung zurückbezahlt werden muss. Zwar können Selbständige und Unternehmer sich im Normalfall nicht auf ein Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzrecht wie ein Verbraucher berufen, aber bei Irreführung, Wucher, Täuschung oder wenn eine entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt wird, haben auch Selbständige und Unternehmer nach dem BGB in vielen dieser Fälle dennoch rechtliche Möglichkeiten, die Verträge mit einer Kündigung mangels Vertrauen hilfseise Anfechtungserklärung wegen Irrtum aufzulösen, da es Dienste höherer Art sind, die nach dem BGB immer eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des Dauervertrags ermöglichen müssen. Diese Erklärungen müssen aber zeitnah ab Kenntnis der Gründe erfolgen. Ferner können auch Existenzgründer sich auf ein Widerrufsrecht berufen, wenn der Anbieter oder Kooperationspartner für die Zahlung auf Raten eine entgeltliche Finanzierungshilfe gegeben haben. Es kommt also darauf an, dass Sie die entsprechende Korrespondenz, Zahlungsseiten, Videos und E-mails dokumentieren können, aus denen sich das ergibt. Hilfsweise sollte auch eine Anfechtung wegen Irrtums spätestens innerhalb von 2 Wochen oder arglistiger Täuschung spätestens innerhalb von 1 Jahr erklärt werden. Auf diese Weise können die Verträge oft wirksam wieder aufgelöst werden. Manchmal wird auch Nichtigkeit wegen Wuchers nach § 138 BGB vorliegen je nach Lage des Falls. Achten sollten Sie dann aber darauf, dass sie die Erklärung mit Begründung nachweislich in dokumentierter Form am besten nicht nur per E-Mail sondern auch Einschreiben mit Sendungsbeleg an die Anbieter senden. Zum Problem, dass einige Anbieter von Online-Seminaren, die Zulassungsfrage nach dem Fernunterrichtsgesetz übersehen, hatte ich bereits 2017 hier berichtet.

Wenn Sie als Anbieter ihren Prozess rechtskonform aufsetzen möchten oder als betroffener Teilnehmer einen ähnlichen Problemfall haben, fragen Sie gerne bei mir mit einer kurzen Schilderung des aktuellen Problems und Situation bei mir an.

Kategorien
Blogroll e-Learning Fernunterricht Internetrecht Uncategorized Verbraucherschutz Vertragsrecht Werberecht Wettbewerbs- und Werberecht Wettbewerbsrecht

Abmahnungen der Wettbewerbszentrale gegen Anbieter von Online-Kursen

Derzeit geht die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. (wettbewerbszentrale.de) gegen Anbieter von Online-Kursen wegen wettbewerbsrechtlicher Verstöße vor. Gerügt werden etwa fehlendes und unzureichendes Impressum sowie die fehlenden Angaben zu einer Zulassung bei der ZFU als Fernunterricht nach § 12 FernUSG. Wer nicht zulassungspflichtig ist, obwohl es auf den ersten Blick so aussieht, sollte sich darauf vorbereiten und das anhand seiner Werbung und Teilnehmer-Verträgen belegen können. Bei falschen oder fehlenden Angaben der Betreiber, die oft derzeit im Ausland sitzen, wie etwa in Dubai, Österreich oder Luxemburg, nimmt die Wettbewerbszentrale dabei zunächst den Domaininhaber in Anspruch. Dessen Kontaktdaten erhält sie nach dem Telemediengesetz über die zuständige Registrierungsstelle, d.h. bei einer .de Adresse über die Denic.

Die Wettbewerbszentrale wird z.B. tätig, wenn sich Betroffene Teilnehmer oder Wettbewerber bei ihr über Anbieter von Fernlehrgängen beschweren. Die Wettbewerbszentrale gehört zu den abmahnberechtigten beim Bundesamt für Justiz nach dem UWG eingetragenen Verbänden und ist bekannt dafür, auch gerichtlich die gerügten Verstöße zu verfolgen. Anbieter von Online-Seminaren, die Zertifikate vergeben oder mit ähnlichen Bescheinigungen eine erfolgreiche Teilnahme ihren Teilnehmern versprechen, sollten daher nicht nur auf Post von der ZFU, sondern auch auf unangenehme Post von der Wettbewerbszentrale mit Abmahnungen vorbereitet sein. Domaininhaber und Betreiber der Webseite werden aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterschreiben.

Nach § 12 FernUSG sind Fernlernkurse wie es Online-Seminare mit Zertifikaten oder ähnlichen Bescheinigungen dann zulassungspflichtig, wenn es sich um Fernunterricht im Sinne des Gesetzes handelt. Dies muss jeder Anbieter im e-Learning-Bereich wissen und rechtssicher klären.

Gerne helfe ich hierbei bei Fertigung des korrekten Impressums ebenso wie bei der Anpassung von AGB, Verträgen, Geschäftsmodell, Werbung und Vertrieb, um hier Fallstricke zu vermeiden. Es drohen nicht nur Abmahnungen der Wettbewerbszentrale aufgrund von Beschwerden betroffener Teilnehmer, sondern auch Bußgelder bis zu 10.000 Euro bei fehlender Zulassung, die die ZFU mit Sitz in Köln nach dem FernUSG verhängen kann, wenn Anbieter irrig annehmen, sie seien aufgrund ihrer konkreten Gestaltung zulassungsfrei.

Wenn Sie dazu Fragen haben, wenden Sie sich gerne an mich telefonisch oder über das Kontaktformular hier. Sie erhalten von mir eine Antwort auf Ihr Anfrage werktags innerhalb von 24 Stunden. Nähere Informationen zum Thema finden Sie auch in meinem Blogbeitrag Online-Seminare und das Fernunterrichtsgesetz

Kategorien
Blogroll Internetrecht Markenrecht Uncategorized

Abmahnungen wegen Marken mit Gattungsbezeichnungen

Die Registrierung einer Marke mit Gattungsbezeichnung, d.h. mit Begriffen, die für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen nur beschreibend sind, kommt immer wieder vor, obwohl das eigentlich nach dem Markengesetz nicht vorgesehen ist und das Amt bei der Anmeldung das Bestehen absoluter Schutzhindernisse dieser Art prüfen soll. Mitunter wird aus der Marke aber auch erst nach der Eintragung mit der Zeit durch Änderungen im Sprachgebrauch eine Gattungsbezeichnung. Spätestens aber wenn der Markeninhaber die Marke gar nicht markenmäßig, sondern ebenso wie viele andere nur rein beschreibend benutzt und sich der Begriff zu einer Gattungsbezeichnung entwickelt, ist klar, daß die Schutzrechtsverlängerung und Abmahnung bösgläubig erfolgt z.B. um über die eingesammelten “Vergleichsgebühren” und Schadenersatzbeträge nicht anwaltlich beratener Opfer seines Vorgehens Einnahmen zu erzielen oder gezielt Wettbewerber zu behindern. Das kann für den Markeninhaber und Abmahner am Ende aber teuer werden oder anders ausgedrückt “nach hinten losgehen”.

Ärgerlich ist es zwar zunächst für die Abgemahnten, die sich – ggfs. mit anwaltlichem Rat – zur Wehr setzen müssen, um sich erfolgreich zur Wehr zu setzen und nicht vom Regen in die Traufe zu kommen. Aber als Abgemahnter hat man die Möglichkeit, einen Löschungsantrag beim Markenamt zu stellen, der zu begründen ist. Wenn andere das bereits gemacht haben, wird das auch nach ca. 1 Monat im Markenregister veröffentlicht. Für den Antrag verlangt das DPMA zwar Gebühren (400 Euro bei Löschung wegen absoluter Schutzhindernisse und 100 Euro bei Verfall nach § 49 MarkenG), aber in begründeten Fällen wird das Markenamt nach § 63 Abs. 1 MarkenG in Fällen der bösgläubigen Markenanmeldung bzw. gezielter Behinderung des Wettbewerbs mit mißbräuchlich zu Unrecht eingetragener Marken dem Markeninhaber die Kosten des Verfahrens auferlegen d.h. dem Antragsteller werden dann die Kosten erstattet.

Ferner kommen auch Schadenersatzansprüche wegen sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegen den Abmahner in Betracht.

All dies scheint aber in Zeiten von Corona die Inhaberin eines Biergartens nicht gestört zu haben, die die Wortmarke „Bierpass“ beim Deutschen Marken- und Patentamt zum Aktenzeichen 3020100247495 seit 15.06.2010 für sich hat eintragen und so für „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ schützen lassen. Der Begriff Bierpass ist Besuchern von Bierfestivals und Festen aber bekannt als Begriff für Verzehrkarten, also Gutscheine für Getränke, insbesondere eben Bier. Google spuckt bei Eingabe des Begriffs Bierpass entsprechend tausende von Ergebnissen der Veranstalter von solchen Festen und anderen Werbetreibenden zu diesem Kontext aus. Dennoch hat die Inhaberin der Marke “Bierpass” einen meiner Mandanten und offenbar auch weitere Werbetreibende in diesem Bereich markenrechtlich abgemahnt, d.h. eine Markenverletzung wegen der Verwendung des Wortes „Bierpass“ auf eben solchen Papierwaren für entsprechende Verzehrkarten in Anspruch genommen. Betroffene haben daraufhin auch bereits am 29.06.2020 Löschungsantrag wegen Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse beim DPMA gestellt. Es bleibt zu hoffen, daß das Markenamt dem Antrag nachkommt und der Inhaberin die Kosten auferlegt, damit solche unseriösen Vorgehensweisen nicht Schule machen.

Leider ist die Abmahnung mit „Bierpass“ kein Einzelfall für solches mißbräuchliches Vorgehen aus zu Unrecht registrierten Marken mit Gattungsbezeichnungen. Im Juni 2020 soll es angeblich (so derzeit ein kursierendes Gerücht) auch Abmahnungen des Inhabers der Wortmarke „Webinar“ gegeben haben, die seit 2003 registriert ist zum Aktenzeichen 303160438 für „Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen“. Ob der Inhaber Herr Mark Keller aus Kuala Lumpur, MY, tatsächlich gegen Webinaranbieter rechtlich vorgegangen ist und Abmahnungen versendet hat bzw. über seine anwaltlichen Vertreter hat verschicken lassen, ist noch nicht bestätigt, aber jedenfalls soweit Online-Kursanbieter das Wort „Webinar“ rein beschreibend verwenden, ist ohnehin nicht von einer markenmäßigen Nutzung und damit Markenverletzung auszugehen, weil der Begriff Webinar inzwischen rein beschreibend für Online-Seminare per Video und damit auch „Veranstaltung und Durchführung von Seminaren“ im Internet sein dürfte. Gerade in Zeiten der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen haben Webinare als Instrumente der Fortbildung stark zugenommen. Ein Antrag auf teilweise Löschung beim DPMA scheint damit also für Betroffene Abgemahnte das Mittel der Wahl zu sein.

Das Löschungs- und Nichtigkeitsverfahren im Fall des Bestehens von absoluten Schutzhindernissen ist jedoch nach § 50 Abs. 2 MarkenG erschwert, wenn eine Löschung erst nach Ablauf von 10 Jahren beantragt wird, also mit der Begründung dass der Begriff für die eingetragenen Dienstleistungen oder Waren rein beschreibend ist und das auch schon bei der Eintragung so war. Aber die Löschung kommt immer noch in Betracht kommt, wenn die Registrierung bösgläubig erfolgt oder wegen Verfall. Der liegt vor, wenn die Marke vom Markeninhaber in den letzten 5 Jahren nicht markenmäßig benutzt wird oder wenn wegen Untätigkeit des Markeninhabers der  Begriff zu einer Gattungsbezeichnung wurde. Beides dürfte jedoch für den Beispielfall, dass die Bierpass-Abmahnerin auch andere Biergärten oder Veranstalter von Festen wegen der Verwendung von Bierpässen als Verzehrkarten und der Werbung hiermit abmahnen sollte, vermutlich mit Aussicht auf Erfolg gut begründbar sein. Die Ausgabe von Verzehrkarten mit der Aufschrift “Bierpass” ist hier meiner Meinung nach wegen der inzwischen rein beschreibenden Angabe keine markenmäßigige Benutzung. Im Fall Webinar liegen mir keine gesicherten Informationen vor – hier handelt es sich möglicherweise nur um ein Gerücht, dass der Markeninhaber solche Abmahnungen gegen Webinaranbieter hat versenden lassen. Falls ja, sollten die Abgemahnten keine Angst haben und keine selbst formulierten Unterlassungserklärungen abgeben, sondern sich zur Wehr setzen.