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Blogroll Urheberrecht

#Urheberrechtsverletzung wegen #Filesharing: Erneut Klage abgewiesen; hier Verjährung

[Update 23.01.2017: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig geworden, da nach Berufung von Baumgarten Brandt die Kammer beim Landgericht Frankfurt den Hinweis erteilte, daß für den Restschadenersatzanspruch ihrer Meinung nach die 10jährige Verjährung gilt und insoweit eine Beweisaufnahme in dem Fall hätte erfolgen müssen. Die 10jährige Verjährung für den Restschadenersatzanspruch nach §§ 102 S. 2 UrhG i.V.m. 852 BGB
auch für die Fälle der Urheberrechtsverletzung durch Filesharing (Veröffentlichung von geschützten Werken in sog. Internettauschbörsen) ist der Bundesgerichtshof mittlerweile leider auch gefolgt (vgl. BGH Urteil vom 12.5.2016, Az.: I ZR 48/15) . Die Beweisaufnahme wurde dann aber nicht mehr durchgeführt, da die Parteien sich dann in der Berufung vergleichsweise geeinigt haben, um den Rechtsstreit zu beenden. Update Ende]

Ich schrieb vor 2 Jahren: „Einmal muß Schluss sein!“ sagte die Richterin in der mündlichen Verhandlung gerichtet an den Klägervertreter und erläuterte, dass die Voraussetzungen wie der Lauf der Verjährung gehemmt werden kann, streng auszulegen sind, damit Rechtssicherheit herrschen kann. Der Betroffene, der einen Mahnbescheid erhält, muß eindeutig erkennen können, um welchen Sachverhalt es geht und dieser muß klar und verständlich konkretisiert sein (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Dies ist nicht der Fall, wenn nur auf ein Abmahnschreiben für Schadenersatzansprüche Bezug genommen wird, das der Beklagte nicht erhalten hat.

Erneut wurde damit eine Schadenersatzklage wegen angeblichem Filesharing d.h. Veröffentlichen eines kommerziellen Films über ein Bittorrent-Netzwerk im Internet abgewiesen, diesmal vom Amtsgericht Frankfurt-Höchst (Urteil vom 06.05.2015 Az. 386 C 1813/14 (80), noch nicht rechtskräftig und update 06.07.2015: die Klägerin hat Berufung eingelegt zum Landgericht Frankfurt/Main). Geklagt hatte die Europool GmbH, vertreten durch die BaumgartenBrandt Rechtsanwälte aus Berlin, gegen einen privaten Internetanschlussinhaber wegen angeblichem Filesharing in November 2009, dem erfolglos ein sog. Abmahnschreiben in 2010 zugesendet worden war.

Der Beklagte behauptete, das Abmahnschreiben nicht erhalten zu haben und machte dies auch aufgrund näherer Umstände glaubhaft. Aus diesem Grunde war der Mahnbescheid als verjährungshemmende Maßnahme nicht geeignet, denn er nahm für die Bezeichnung der Ansprüche auf das Abmahnschreiben Bezug. Da nach inzwischen überwiegender Ansicht der deutschen Amtsgerichte (z.B. AG München, Urteil vom 26.03.2015 Az. 243 C 19271/14, LG Bielefeld, Beschl. vom 06.02.2015, 20 S 65/14; AG Frankfurt (Urteil vom 30.10.2014 – Az. 32 C 2305/14 (84) siehe Bericht von RA Karsten Gulden u.v.m. die Schadenersatzansprüche wegen Filesharing nach §§ 195, 102 S. 1 UrhG in 3 Jahren ab Kenntnis, also spätestens ab der Providerauskunft an die Rechteinhaber oder ihre Anwälte verjähren, wurde die Klage gegen meinen Mandanten daher abgewiesen.

Die Klägerin hat sich hier erfolglos gegen die Beweislast für den Zugang des Abmahnschreibens gewehrt. Es mag zwar sein, dass der Bundesgerichtshof für die Durchsetzung der Unterlassungsansprüche aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes entschieden hat, dass die Abmahner nur die Absendung des Abmahnschreibens beweisen müssen. Anders liegt die prozessuale Situation aber wegen § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, wenn nur die Schadenersatz- und Rechtsanwaltskosten via gerichtlichem Mahnbescheid vor Gericht beantragt werden und die Rechteinhaber damit erst kurz vor Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist versuchen, die Verjährung zu unterbrechen. Hier verbleibt es bei der Beweislast der Kläger für alle Voraussetzungen des ordnungsgemäßen Mahnbescheids.

Einen Auszug aus dem Urteil mit Tatbestand und Gründen finden Sie hier:

Amtsgericht Frankfurt am Main
Außenstelle Höchst

Aktenzeichen: 386 C 1813/14 (80)

verkündet laut Protokoll am 6.5.2015“ (Anmerkung von mir: in der mit Berichtigungsanordnung vom 26.6.2015 gültigen Fassung)….
Urteil

In dem Rechtsstreit

E. GmbH, ……………..80331 München
Prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte…………10117 Berlin

gegen
X.Y.,…….65795 Hattersheim
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Stefanie Hagendorff, Hugenottenstr. 94, 61381 Friedrichsdorf

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst
durch Richterin am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.05.2015 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent…..

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten wegen des unerlaubten Anbietens des zu ihren Gunsten urheberrechtlich geschützten Filmwerks „Niko – Ein Rentier hebt ab“ im Internet (sogenanntes „Filesharing“) Schadenersatz nach der Lizenzanalogie sowie Ersatz der durch die Abmahnung vom 19.03.2010 entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe das Filmwerk ……, das auf seinem DVD-Cover einen C-Vermerk zugunsten der Klägerin trage und dessen Coproduzentin sie sei, am 29.11.2009 um 3:50 Uhr unter der IP-Adresse 91…………zum Download im Internet im Wege des Tausches im Peer-to-Peer Netzwerk angeboten. An diesem Filmwerk habe die Klägerin, vom Beklagten ebenfalls mit Nichtwissen bestritten, die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für den deutschsprachigen Raum von der U… GmbH erworben.

Mit Schreiben vom 19.03.2010 (Bl. 47-51 d.A.) forderte der Klägervertreter den Beklagten zur Unterlaassung auf und unterbreitete den Vorschlag, zur Erledigung sämtlicher in Frage stehender Schadenersatzansprüche einen Pauschalbetrag in Höhe von 850,00 € zu zahlen.

Mit Schreiben vom 10.02.2010 hat die Klägerin von der Deutschen Telekom den Namen des Beklagten erhalten.

Unter dem 27.12.2013 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides beantragt. Der Mahnbescheid ist am 02.01.2014 erlassen worden und dem Beklagten am 08.01.2014 zugestellt worden. Im Mahnbescheid ist die Hauptforderung bezeichnet mit: „Rechtsanwalts-/Rechtsbeistandshonorar gemäß Abmahnung K 0052-……..vom 19.03.2010 “ und 2. Schadenersatz aus Lizenzanalogie (Abmahnung vom 19.3.2010 Az. K 0052-..“

Mit Klagebegründungsschriftsatz vom 09.09.2014, zugestellt am 24.09.2014, hat die Klägerin die Klage begründet.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 € betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2014 zu zahlen.

2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 555,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er habe die Abmahnung vom 19.3.2010 nicht erhalten. Er habe zu der genannten Zeit keinen Zugriff auf seinen Computer gehabt, weil er diesen zur Reparatur gegeben habe. Die Reparatur sei nicht durchgeführt; vielmehr sei der Computer einbehalten worden und ihm sei der Kaufpreis zurückgezahlt worden. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob der Klägerin Schadenersatzansprüche und ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten wegen der Abmahnung vom 19.3.2010 zustehen. Der Beklagte ist jedenfalls berechtigt, die Leistung zu verweigern. Eventuelle Ansprüche der Klägerin sind verjährt. Die Schadenersatzansprüche nach der Lizenzanalogie und der Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten nach § 97 Abs. 2 Urhebergesetz unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren.

Die 10-jährige Verjährungsfrist gemäß §§ 102 Satz 2 Urhebergesetz, 852 BGB ist nicht einschlägig. Der Beklagte hat auch nach dem Vortrag der Klägerin nichts auf Kosten der Klägerin erlangt. Es bestand keine Möglichkeit für den Beklagten, mit der Klägerin einen Lizenzvertrag abzuschließen. Der Beklagte hat deshalb auch nicht als Nutzer einer Internettauschbörse eine Lizenzgebühr erspart. Es liegt keine Bereicherung auf Seiten des Beklagten, auch nach dem Vortrag der Klägerin vor. Es handelt sich vielmehr um deliktische Schadenersatzansprüche.

Die 3-jährige Verjährungsfrist war am 24.09.2014 „…(Anmerkung von mir: also zum Zeitpunkt der Zustellung der Klagebegründung)“… abgelaufen. Sie begann spätestens am 01.01.2011, da die Klägerin im Jahre 2010 Kenntnis vom Namen des Beklagten erhalten hatte. Der Lauf der Verjährung ist nicht durch die Zustellung des Mahnbescheides gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Der geltend gemachte Anspruch ist nicht individualisierbar bezeichnet. Der Beklagte konnte nicht erkennen, welcher Anspruch ihm gegenüber geltend gemacht wird, da im Mahnbescheidsantrag sowohl für die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten als auch für die geltend gemachte Lizenzgebühr auf das Abmahnschreiben der Klägervertreter vom 19.03.2010 Bezug genommen wird. Eine weitere Kennzeichnung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnbescheid liegt nicht vor. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass dem Beklagten das Abmahnschreiben zugegangen ist. Der Beklagte war mithin nicht in der Lage zu erkennen, welche Ansprüche konkret gegen ihn von der Klägerin geltend gemacht werden. Dies war dem Beklagten erst mit Zugang der Klagebegründung am 24.09.2014 möglich, die Verjährungsfrist war bereits am 31.12.2013 abgelaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung übe die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2, 60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

W…..

Richterin am Amtsgericht

beglaubigt……….Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, 29. Juni 2015″

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Blogroll Wettbewerbs- und Werberecht

#Rechtsirrtümer #Internetrecht: Disclaimer wie „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“

Es ist leider ein häufiger Irrtum von gewerblichen Webseitenbetreibern und ihren Webdesignern, dass Disclaimer helfen, Abmahnungen zu vermeiden. Das Gegenteil ist mitunter der Fall. Unter dem Link „Disclaimer“ oder im Impressum werden mitunter Haftungsausschlussklauseln auf Webseiten untergebracht, die teilweise schlicht die Rechtslage belehrend darstellen oder noch schlimmer nachteilige Klauseln enthalten, also mehr schaden als helfen. Der Irrtum hierbei ist, dass diese potenzielle Abmahner animieren sollen, vorher anzurufen, ohne eine Beweissicherung zu tätigen und der Webseitenbetreiber dann die Rechtsverletzung beseitigt und eine Kostenerstattung für die Abmahnung verweigert. Das funktioniert nur, wenn der Abmahner sich nicht vorher anwaltlich beraten lässt für den Webseitenbetreiber, der den Abmahner in einem Recht verletzt. Es hilft also nicht, wenn der Abmahner vorher eine Beweissicherung macht, dann abmant und im Streitfall gerichtlich vorgeht, weil aus Sicht des Gerichts der Disclaimer dann den Schluss bedingten Vorsatzes aus dem Disclaimer zieht. Soweit Sie nur die Rechtslage darstellen, ist es unschädlich (wenn auch eher langweilig und eigentlich juristisch nutzlos), können Disclaimer im günstigsten Fall als nutzloser Balast bezeichnet werden. Soweit sie teilweise sogar falsch sind (z.B. die Rechtslage sich geändert hat oder durch aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen überholt sind), ist es zwar nachvollziehbar, wenn ein Unternehmer eventuellen Störenfrieden sinngemäß mitteilen möchte, man solle doch bei einer (behaupteten) Rechtsverletzung keinen Anwalt einschalten, sondern erst mal sprechen…, damit der Verstoß entfernt wird. Aber im Streitfall können Sie schaden, weil Gerichte oft daraus schließen, dass ein solcher Disclaimer „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“ oder ähnlich den verletzten Wettbewerber ggfs. von der nötigen Beweissicherung abhalten sollen und im Streitfall dem abmahnenden Wettbewerber oder auf Antrag damit befassten Richter zeigen, dass da jemand bösgläubig ist, weil er Rechtsverletzungen billigend in Kauf nimmt, anstatt sich zu bemühen, sich rechtskonform zu verhalten. Zudem verlangt das Recht ausdrücklich von einem Wettberber, der sich gegen eine ihn beeinträchtigende Rechtsverletzung seiner Konkurrenten zur Wehr setzen möchte, daß der andere vor einem Rechtsstreit abgemahnt wird, d.h. die Rüge sachlich und juristisch hinreichend konkret erklärt wird und ihm ein Weg gezeigt wird, wie und bis wann die Streitigkeit ohne Gericht gütlich beigelegt werden kann. Der Gesetzeswortlaut dazu lautet:

㤠12 UWG
Anspruchsdurchsetzung, Veröffentlichungsbefugnis, Streitwertminderung

(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden…..“

Es ist daher davon abzuraten Disclaimer wie den Folgenden oder Ähnliche zu verwenden wie dieser, die schlicht falsch und juristisch schädlich für den Webseitenbetreiber sind:

Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt!
Sollte der Inhalt oder die Gestaltung einzelner Seiten oder Teile dieser Internetseite Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzen oder anderweitig in irgendeiner Form wettbewerbsrechtliche Verstöße beinhalten, so bitte ich unter Berufung auf § 8 Abs. 4 UWG, um eine angemessene, ausführlich erläuternde und schnelle Nachricht ohne Kostennote.

Ich garantiere, dass die zu Recht beanstandete Seite oder Teile dieser Internetseite in angemessener Frist entfernt wird, bzw. den rechtlichen Vorgaben umfänglich angepasst wird, ohne dass von Ihrer Seite die Einschaltung eines Rechtsbeistandes erforderlich ist.

Die Einschaltung eines Anwaltes, zur für den Diensteanbieter kostenpflichtigen Abmahnung, entspricht nicht dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen und würde damit einen Verstoß gegen § 13 Abs. 5 UWG, wegen der Verfolgung sachfremder Ziele als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung, insbesondere einer Kostenerzielungsabsicht als eigentliche Triebfeder, sowie einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellen….“

Häufige Fragen dazu (FAQs):

  • „Warum gibt es solche Disclaimer trotzdem häufig?“ Antwort: Ohne keinen Kläger kein Richter, aber wer eine Abmahnung bekommt, der hat nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG bei einer berechtigten anwaltlichen Abmahnung in der Regel die (je nach Streitwert hohen) gesetzlichen Anwaltsgebühren des abmahnenden Auftraggebers zu tragen. Diese sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt und betragen in solchen wettbewerblichen Angelegenheiten häufig über 1.000 €. Wenn der abgemahnte Webseitenbetreiber nicht fristgemäß reagiert, kommen häufig noch die Gerichts- und Anwaltskosten einer einstweiligen Verfügung dazu, d.h. einer gerichtlichen Anordnung, die im Eilverfahren in der Regel ohne Anhörung des abgemahnten Antragsgegners ergeht. Der Abgemahnte ist also auch dann, wenn die Abmahnung nicht berechtigt sein sollte, taktisch im Nachteil, da auch dann, wenn ein Widerspruch eingelegt wird, erst mal die einstweilige Verfügung nach Zustellung gültig ist und eingehalten werden muß und die Kostenrechnung des Gerichts binnen 2 Wochen bezahlt werden muss.
  • „Häufige Frage: Warum finde ich dazu keine Gerichtsentscheidungen: Antwort: Einstweilige Verfügungen ergehen in der Regel ohne Begründung. Es wird Ihnen meist nur der Antragsschriftsatz des Anwalts mit den Anlagen beigefügt, der die Begründung enthält und der versichert, dass vorher fruchtlos abgemahnt wurde. Solange die beantragte einstweilige Verfügung nicht Änderungen der Unterlassungsverpflichtungen enthält, ist das in Eilfällen ständige Praxis. (update 2021:)Nur bei Änderungen des Antrags im Vergleich zur vorherigen Abmahnung muss das Gericht nach aktuellen Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen den Antragsgegner vorher anhören bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme geben oder bei einer Ablehnung der Abmahnung mit Begründung diese Antwort zur Kenntnis nehmen.
  • „Häufige Frage: Die Abmahnung wurde mir aber nur per einfacher Post zugestellt. Kann ich nicht erst mal einfach die Webseite ändern und warten, ob die wegen der Anwaltskosten und der Unterlassungserklärung tatsächlich klagen?“
    Antwort: Nach ständiger Rechtssprechung muß für das Ziel, die Wiederholungsgefahr eines erneuten Verstoßes rechtsverbindlich zu beseitigen, die Abmahnung nur nachweislich abgesendet worden sein und muß der (vermeintliche oder tatsächliche) Rechtsverletzer, der abgemahnt wurde, Umstände beweisen, die den Richter glauben lassen, dass die Abmahnung nicht richtig angekommen ist. Beim Schadenersatz mag das anders sein, für die einstweilige Unterlassungsverfügung spielt es daher keine Rolle, wenn die Abmahnung nur telefonisch, per E-mail, per Fax oder einfacher Post kommt.
  • „Häufige Frage“: Sagen Anwälte sowas nicht nur deshalb, weil sie an Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten verdienen und der Disclaimer doch nur sagen will, wenn ich auf einen Verstoß hingewiesen werde, entferne ich ihn sofort?
    Antwort: Nein, sofern der Auftraggeber nicht lediglich aus sachfremden Gründen abmahnen läßt, sondern ernsthaft seine Rechte verfolgt, ist es legitim, wenn der Anwalt für die Rechtsverfolgung Sorge trägt, da dies aufwendig sein kann und der Anwalt hierfür seine Gebühren verdient, denn sonst müsste ja der Verletzte die Kosten tragen, anstatt der für die Rechtsverletzung verantwortliche. Dies wird im Streitfall auch von jedem Richter, der froh ist, wenn Anwälte den Rechtsstreit außergerichtlich erledigen, so bestätigt, weil es legitim ist, dass Rechtsanwälte für ihre Arbeit und das hart erarbeitete Know How bezahlt werden. Im Übrigen hat der Richter sich an das Gesetz zu halten. Nach der § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung sind Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege. Solange keine Beweise dafür vorliegen, dass der Anwalt und sein Auftraggeber das Instrument der Abmahnung mißbrauchen, ist die Abwehr bei reinen Vermutungen eines Mißbrauchs daher häufig schwierig.

Fazit: Disclaimer oder sonstige rechtliche Texte auf der Webseite nicht vom Webdesigner erstellen lassen, sondern (in einfachen Fällen) anwaltlich geprüfte Generatoren verwenden oder anwaltlich prüfen lassen. Denn das Ziel hier rechtliche Kosten zu sparen, geht spätestens dann, wenn die Maßnahme einem Wettbewerber auffällt und spürb ar dadurch geschäftlich beeinträchtigt ist, geht das „nach hinten los“ und wird umso teurer. Denn der Webdesigner, erst recht, wenn es nur ein Familienangehöriger war, der bei der Erstellung der Webseite geholfen und den Disclaimer eingefügt hat, haftet in der Regel nicht dafür, da er für die Rechtsberatung nicht zuständig ist und der Unternehmer das hätte wissen müssen. Wer Disclaimer wie oben einfach von anderen verwendet, sollte sie daher lieber löschen (lassen). Im Übrigen passiert aber natürlich nichts, wenn die Webseite keinen Anlass zu Beanstandungen bietet oder kein Wettbewerber und kein sonstiger Abmahnbefugter sich daran ernsthaft stört, daher haben sogar auch große Unternehmen jahrelang solche Disclaimer verwendet, ohne dass es Ihnen geschadet hatte.