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OLG Frankfurt: Kostentragung des Verfügungsgegners ausnahmsweise ohne förmliche Abmahnung

Normalerweise hat vor dem Antrag einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung der Antragsteller den Gegner außergerichtlich mit einer förmlichen Abmahnung die Gelegenheit zu geben, den Streit über einen Rechtsverstoß mit Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadenersatz vergleichsweise zu erledigen. Dies ist jeweils z.B. für das Wettbewerbsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG so geregelt. Häufig kommt es wie bei einer aktuellen Entscheidung des OLG Frankfurt aber vor, dass verletzte Wettbewerber erst mal selbst ohne Einschaltung eines Anwaltes den Wettbewerber darauf hinweisen und es dann zum Streit kommt. Das ist aus verschiedenen Gründen keine gute Idee, aber dazu näher gleich.

In einem aktuellen Fall war es auch wieder so, dass der eine Geschäftsführer den anderen Geschäftsführer per e-mail wegen eines Wettbewerbsverstoßes gerügt hat, ohne dass diese Mail den Anforderungen an eine förmliche Abmahnung entsprach. Der Gegner war zwar zur Änderung der gerügten Formulierungen in der beantstandeten Veröffentlichung bereit, aber teilte auch mit, dass er sich nicht unterwerfen werde und dann noch sinngemäß, “wenn Sie (juristischen) Krieg wollen, dann bekommen Sie Krieg”. Daraufhin beantragte die mit dem Wettbewerbsverstoß verletzte Gesellschaft erfolgreich eine einstweilige Unterlassungsverfügung, die zugestellt wurde und die der Gegner – unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht –  sofort anerkannte.

Nachdem wegen der fehlenden förmlichen Abmahnung nun der Antragstellerin alle Kosten auferlegt wurden, obwohl sie in der Sache die beantragte Entscheidung bekam, legte sie mit Erfolg sofortige Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung ein und das OLG Frankfurt (Urteil vom 10.07.2014 – 6 W 51/14) gab ihm recht. Wenn der Gegner vorgerichtlich klar zu erkennen gegeben hat, dass eine förmliche Abmahnung nutzlos ist, kann der verletzte unmittelbar das Gericht anrufen und muß nicht wie sonst nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG den Gegner noch förmlich abmahnen bzw. anwaltlich abmahnen lassen. Denn er hat dann auf diese Weise Anlass gegeben für das gerichtliche Verfahren und kann nicht nach § 93 ZPO trotz Unterliegen dem Antragsteller die Schuld für die entstandenen Prozesskosten zuschieben.

Praxistipp: Im vorliegenden Fall hatte der Rechteinhaber Glück, dass der Anspruch anerkannt wurde, denn sonst wäre es möglicherweise nicht so glimpflich für ihn abgelaufen. Zum einen ist dies ein Ausnahmefall und werden viele Richter im Zweifel am Erfordernis der vorherigen Abmahnung festhalten. Zum anderen kommt es schnell zu Problemen der Beweissicherung, wenn vor Gericht der Sachverhalt bestritten wird und vor der Abmahnung der Verstoß nicht gerichtsfest dokumentiert wurde und keine guten Zeugen da sind. Fragen Sie lieber vorher Ihren Anwalt, ob es im konkreten Fall sinnvoll ist, zunächst selbst mit dem Gegner zu streiten, denn wenn dieser – wie häufig – dann die beanstandete Webseite ändert und so das gerügte zwar beseitigt, in der Sache jedoch uneinsichtig bleibt, haben Sie als Rechteinhaber aus mehreren Gründen Risiken der Durchsetzung.

1. Beweissicherung dann mitunter nicht mehr möglich, trotzdem haben Sie weiter die Gefahr, dass der Gegner jederzeit ähnliche Verstöße erneut begeht, deshalb besser vorher den Anwalt fragen oder Ihre Anwältin;-)

2. der Gegner hat mitunter kein Einsehen, weil die Sache nicht vollständig und klar wie es idealerweise in einer anwaltlichen Abmahnung zu geschehen hat, der Verstoß bezeichnet wurde und keine geeignete Unterlassungserklärung vorliegt, die die Wiederholungsgefahr beseitigen könnte und ist nun deshalb Ihnen gegenüber feindlich gesonnen,

3. die Anwaltskosten müssen Sie nur vorschiessen und muß der Gegner erstatten, wenn die Abmahnung berechtigt ist (Problem ist mitunter allerdings die Insolvenz des Gegners). Wenn Sie zu lange selbst vorher mit dem Gegner gestritten haben und erst dann anwaltlich abmahnen lassen, kann es hakelig mit der Eilbedürftigkeit werden und damit allein deswegen eine einstweilige Verfügung abgelehnt werden oder umgekehrt es unsicher werden, ob die Abmahnung noch erforderlich ist oder nicht. Wenn aber im Klagewege der Verstoß gerichtlich durchzusetzen ist, kommen Gerichtskostenvorschuss und lange Verfahrensdauer als Nachteile hinzu.

Lieber also bei einem Wettbewerbsverstoß gleich anwaltlich abmahnen lassen und den Gegner nicht “zur Güte” vorher selbst drauf hinweisen. Erst recht nicht, wenn sogar auf der Webseite im Disclaimer Hinweise stehen, die sie davon abhalten sollen, da allein solche Erklärungen – auch dies ist gerichtlich bereits entschieden – bereits zeigen, dass die Verantwortlichen es auf Rechtsverstöße anlegen oder diese billigend in Kauf nehmen.

Von Stefanie Hagendorff - IT-Fachanwältin - Compliance, Data Privacy and Cyberlaywer in Germany

Rechtsanwältin Hagendorff - Fachanwalt für IT-Recht und Datenschutzrecht mit Sitz in Friedberg bei Frankfurt/Main
Deutschland, Stefanie Hagendorff
https://www.it-fachanwaeltin.de/

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