Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat erfreulicherweise einer Verfassungsbeschwerde eines Polizisten stattgegeben, der vom Landgericht Köln auf Zahlung von 3.500 € Anwaltskosten an eine Abmahnkanzlei wegen illegaler Musikdownloads in einer Tauschbörse verurteilt worden war. Das Landgericht und auch das Oberlandesgericht hatten entschieden, daß der Polizist als sog. Störer hafte, weil er für die Taten des volljährigen Sohnes seiner Lebensgefährtin als Internetanschlußinhaber verantwortlich sei. Das OLG Köln verweigerte die Zulassung des Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof. Obwohl damit der Rechtsweg erschöpft war, hatte das OLG keine Begründung geliefert und dies war hier – so das BVerfG – offensichtlich verfassungswidrig, da diese Haftungsfrage für viele Leute klärungsbedürftig ist und die Obersten Landesgerichte in Frankfurt und Köln unterschiedliche Auffassungen zu diesem Fragenkreis vertreten. Denn es ist hoch umstritten, wie weit die Haftungsgefahr für Anschlußinhaber reicht, wenn Angehörige unbefugt Urheberrechtsverletzungen über den Familenanschluß begehen. Zitat BVerfG, Beschluß vom 21.03.2012 – 1 BvR 2365/11-:
„Die Begründungsobliegenheit folgt in dieser Konstellation aus Art. 19 Abs. 4 GG …“[Anm.: das ist das Gebot des effektiven Rechtsschutzes, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt] „sowie aus Art. 101 Abs.1 Satz 2 GG“ [Anm.: das ist das Willkürverbot]. „Denn ein Berufungsgericht, das die Revision nicht zulässt, entscheidet, falls die Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet ist, unanfechtbar über die Erreichbarkeit von höherinstanzlichem Rechtsschutz im konkreten Fall. Unterlässt das Fachgericht eine nachvollziehbare Begründung seiner Nichtzulassungsentscheidung darf das Bundesverfassungsgericht aufheben, wenn eine Zulassung des Rechtsmittels nahegelegen hätte.“
Da der Bundesgerichtshof über die umstrittene Frage, wie weit die Handlungs- und Prüfpflichten bei Urheberrechtsverletzungen Dritter, die als Angehörige grundsätzlich befugt sind, den Anschluß zu benutzen, und hierbei heimlich illegales Filesharing betreiben, noch gar nicht durch den Bundesgerichtshof entschieden wurde und diese für Tausende von Betroffenen eine klärungsbedürftige Frage ist, war die Nichtzulassung der Revision gar nicht nachvollziehbar. Die Sache hat offensichtlich grundsätzliche Bedeutung.
Volltext der Entscheidung: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20120321_1bvr236511.html